Gruselkabinett 110: Der Drachenspiegel, Abraham Merritt (Hörspiel)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 15. August 2016 19:44

Abraham Merritt & Marc Gruppe (Script)
Der Drachenspiegel
Gruselkabinett 110
Sprecher: Claus Thull Emde, Peter Lontzek, Louis Friedemann u.a.
Cover von Ertugrul Edirne
Titania Medien, 2016, 1 CD, ca. 58 Minuten, ca. 8,99 EUR, ISBN 978-3-7857-5253-1
Rezension von Christel Scheja
Abraham Merritt (1884-1943) gehört zu den Pulp-Autoren, deren mystische Abenteuerromane auch schon einmal gerne der Fantasy zugerechnet werden, deshalb erschien die hier verwendete Geschichte aus dem Jahr 1917 schon einmal in der Reihe „Terra Fantasy“. Denn immerhin verschlägt es den Protagonisten in „Der Drachenspiegel“ auch in eine andere Welt.
New York im Jahr 1905. Eines Tages wird Mr. Ward vom Diener seines besten Freundes James Hemdon aufgesucht, der ihn um Hilfe bittet, denn sein Herr sei verschwunden. Auch als dieser überraschend am nächsten Tag wieder da ist, bleibt er am Ball, denn wie kommt es, dass James blutüberströmt aufgefunden wird, obwohl er den Raum nie verlassen hat?
Des Rätsels Lösung ist ein chinesischer Spiegel mit Drachenverzierungen aus Jade, den Hemdon einst als Beutestück aus China mitgebracht hat. Er behauptet nun, dass dieser ein Tor in eine andere Welt sei - in der nicht nur schöne Frauen auf ihn warten, sondern auch einen tyrannischen Herrscher namens Rak.
Natürlich glaubt ihm Ward erst einmal nicht, aber auch er kann sich bald davon überzeugen, dass die sonnenlose Welt mit den sieben Monden und den unzähligen Pyramiden wirklich existiert.
Man könnte daraus eine dramatische Abenteuergeschichte machen, die Rahmenhandlung bleibt aber eher ein Kammerspiel, in das verschiedene Rückblenden eingebettet werden. Das sorgt auch dafür, dass der ursprüngliche Protagonist in eine Nebenrolle absinkt und sich der Fokus auf James Hemdon verschiebt.
Wer klassische Abenteuergeschichten aus den ersten beiden Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts kennt, ahnt schon, was ihn erwartet; der Held begegnet einer geheimnisvollen jungen Frau, einem humorvollen Sidekick, der alles ein wenig auflockert, aber natürlich auch dem finsteren Gegenspieler, von dem die Gefahr ausgeht.
Das Ganze wird eher beschaulich erzählt und wartet mit nur wenigen actionreichen Momenten auf, dennoch ist das alles aufgrund der Kürze des Hörspiels erträglich.
Die Sprecher sind wie immer ganz bei ihren Figuren und verleihen jeder einen ganz besonderen Charme. Sie trösten darüber hinweg, dass die Handlung eigentlich recht spannungsarm bleibt und auch das Ende nicht gerade überraschend ist, und retten so zusammen mit Musik und Klangteppich das ganze Stück.
„Der Drachenspiegel“ ist eine solide, wenn auch nicht ganz so überraschende Episode des „Gruselkabinetts“, dessen Erzählweise zwar dem Original entgegenkommen mag, aber auch dessen betuliche Atmosphäre ausstrahlt. Allein die Sprecher schaffen es, die Geschichte noch eine Weile nachhallen und nicht sofort vergessen zu lassen.