Tomb Raider: Die verfluchte Insel (Comic)

Gail Simone
Tomb Raider: Die verfluchte Insel
(Tomb Raider 1-6: Season of the Witch, 2014)
Aus dem Amerikanischen von Andreas Kasprzak
Titelillustration von Dan Dos Santos
Zeichnungen von Nicolás Daniel Selma, Juan Gedeon, Michael Atiyeh
Panini, 2015, Paperback mit Klappenbroschur, 148 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-95798-227-8

Von Irene Salzmann

Mit dem Band „Tomb Raider: Präludium“ startete bei Dark Horse – in Deutschland bei Panini – eine völlig neue Reihe über die Game-Heldin Lara Croft. Anders als in der 50 Episoden umfassenden Serie von Top Cow, die sich an den früheren Spielen orientierte, ist die aktuelle Titelfigur eine junge Frau voller Zweifel, die sich noch bewähren muss, um die Anerkennung der Fachwelt zu erlangen. Sie wird Mitglied einer Crew von Abenteurern, die das frühjapanische Königreich Yamatai sucht.

Schnitt. Nun setzt die Handlung des aktuellen Spiels ein. Wer es kennt, weiß, was passiert. Alle anderen haben Pech gehabt beziehungsweise müssen im Internet recherchieren. Schnitt.

„Die verfluchte Insel“ spielt nach den Ereignissen, die auf der Insel Yamatai fast allen Teilnehmern der Expedition das Leben gekostet haben. Wer zurückkehrte, versucht zu vergessen oder hat vergessen, was im Detail passiert ist und bemüht sich, sein Leben normal weiterzuleben. Dagegen haben jedoch die Solarii (ein lateinischer Name für eine japanische Sekte?), die Diener der Sonnengöttin, etwas. Sie sind bestrebt, Lara und den anderen einige Artefakte abzujagen, die für ein Ritual benötigt werden, welches, wenn es Erfolg hat, das Gesicht der Erde verändern könnte. Um das zu verhindern und um ihre entführte Freundin Sam zu befreien, trommelt Lara die Überlebenden zusammen, um erneut nach Yamatai zu reisen, doch schon auf der Überfahrt werden sie angegriffen und voneinander getrennt. Schließlich fällt Lara ihren Feinden in die Hände.

An sich ist die Story spannend, auch wenn man einen Comic vermisst, der die Lücke zwischen den beiden Bänden schließt. Zwar wird in Rückblenden und Dialogen aufgerollt, was geschehen ist, aber der Bruch in der Kontinuität der Handlung ist dennoch spürbar.

Das wahre Manko ist jedoch die Qualität der Illustrationen. Während das Cover von Dan Dos Santos zum Kaufen einlädt und an die schönen Top-Cow-Ausgaben erinnert, überkommt einen beim Aufschlagen des Bandes sogleich die Ernüchterung. Die Zeichnungen sind sehr comichaft und schlicht, außerdem sehr einfach koloriert. Stellenweise wirken die Protagonisten falsch proportioniert, und ihre Gesichter sind fast schon hässlich (zum Beispiel auf dem Backcover).

Schade, aber so kann die neue Serie nur schwerlich an alte Zeiten anknüpfen. Die meisten Sammler werden sich vermutlich nach den wunderschönen Illustrationen des leider zu früh verstorbenen Michael Turner zurücksehnen oder auch nach denen von Andy Park, Billy Tan und den übrigen Künstlern, die die fortlaufende Reihe und das Bild von „Tomb Raider“ in den diversen Crossovers prägten. Dark Horse setzt den Titel fort, aber überzeugen kann diese Lara Croft mit den Zeichnern von „Präludium“ und „Die verfluchte Insel“ nicht.