Vergessene Welt 1 (Comic)

Vergessene Welt 1
(Le monde perdu)
Text: Christophe Bec
Zeichnungen: Fabrizio Faina und Mauro Salvatori
Übersetzung: Resel Rebiersch
Splitter, 2015, Hardcover, 56 Seiten, 14,80 EUR, ISBN 978-3-95839-024-9

Von Frank Drehmel

Arthur Conan Doyles Anfang des 20. Jahrhunderts erschienener Roman, „Die vergessene Welt“, gehört zu jenen Abenteuer-Klassikern, die vielleicht (noch) keinen Eingang in einen bürgerlichen Bildungs-Kanon gefunden haben, dessen Grundthema aber nahezu jedem Erwachsenen auf die eine oder andere Art ein Begriff sein dürfte, sei es infolge eines der zahlreichen Filme oder TV-Serien, sei es als Buch oder Comic. Mit Christophe Bec hat sich nun ein französischer Comic-Schaffender, der aktuell zu den umtriebigsten Autoren und Zeichnern seiner Zunft gehört, erneut dieses Stoffs angenommen.

Während einer Südamerika-Expedition fällt Professor Challenger in einem Eingeborenendorf ein Tagebuch in die Hände, das den Weg in eine vergessene Welt weist, eine Welt, verborgen in den tiefen Urwäldern, umgeben von hohen Bergen, eine Welt, in der die Wesen der Urzeit überlebt haben sollen.

Da ein Schlangenbiss ihn zwingt, die Suche nach diesem Ort kurz vor dem Ziel abzubrechen, kehrt er nach England zurück, um zwei Jahre später erneut eine Expedition auszustatten. Mit von der Partie sind diesmal neben seinem treuen Führer Pablo der Kollege Professor Summerlee, ein Mann von tadelloser Reputation, der allerdings nicht das Geringste von Challengers Theorien hält, Lord John Roxton, seines Zeichens spitzzüngiger Großwildjäger und profunder Kenner der Fauna Südamerikas, sowie der Reporter Malone, der, getrieben von der Liebe zu einer Frau, auf einträglichen Ruhm hofft.

In Südamerika angekommen, kämpft sich die ungleiche Reisegesellschaft in zwei Kanus einen Fluss hinauf, meistert Hindernisse wie einen Wasserfall, überlebt die Begegnung mit einem monströsen Krokodil und findet sich schließlich am Fuße einer riesigen Bergkette wieder, hinter der sich das verborgene Tal mit seinen urzeitlichen Kreaturen befinden soll.

Wagt sich ein Autor an eine Story, von der er annehmen muss, dass sie breiten Teilen der potenziellen Leserschaft zumindest in den Grundzügen bekannt sein sollte, dann muss er sich schon recken und strecken, um einen signifikanten Zusatznutzen fühlbar zu machen.

Und genau hier zeigen Bec und das Artwork-Team ein glückliches Händchen: selbstverständlich ist die Geschichte bekannt; dass sie dennoch fesselt, liegt zum einen an der emotionsgeladenen und oft pointierten beziehungsweise spitzzüngig-frischen, aber dennoch gesittet-zivilisierten Interaktion der Charaktere, die zudem allesamt als eigenständige Persönlichkeiten funktionieren, zum anderen an einem klaren, feinstrichigen Artwork, das nicht einfach nur auf hohen Realismus und Authentizität setzt, sondern das mit beeindruckenden, zum Teil großformatigen Landschaftsimpressionen aufwartet, die an Illustrationen alter Reiseberichte erinnern. Abgerundet wird das überzeugende Artwork dabei durch einen siebenseitigen Anhang, in dem zahlreiche Skizzen einen kurzen Einblick in die Arbeitsweise der Künstler geben.

Fazit: Obgleich die Story alles andere als neu ist, wirkt sie nicht zuletzt wegen der pointierten Dialoge und des atmosphärisch stimmigen, authentischen und naturalistischen Artworks frisch und unverbraucht.