Elric 2: Sturmbringer (Comic)

Elric 2
Sturmbringer
(Elric: Stormbringer)
Textadaption & Szenario: Julien Blondel & Jean-Luc Cano
Zeichnungen: Julien Telo u.a.
Übersetzung: Tanja Krämling
Splitter, 2015, Hardcover, 56 Seiten, 14,80 EUR, ISBN 978-3-86869-659-2

Von Frank Drehmel

Rund anderthalb Jahren mussten die Leser auf die zweite Episode dieser neuen, französischen „Elric“-Adaption warten. Und obwohl – oder vielleicht auch weil – sich zwischenzeitlich ein neues Kreativteam rund um das Projekt formierte, hat sich das Warten gelohnt.

Nachdem sein verräterischer Cousin Prinz Yyrkoon verschwunden ist, setzt Elric, der Herrscher auf dem Rubinthron der Hexerkönige von Imrryr, Himmel und Hölle in Bewegung, um den Verräter zu finden, seine vom Widersacher entführte Geliebte, Cymoril, zu retten und Yyrkoon zur Rechenschaft zu ziehen. Doch selbst die blutigen Rituale des grausamen Doktors Jest geben keinen Aufschluss über den Aufenthaltsort des Abtrünnigen. Erst als Arioch, der Gott des Chaos höchstselbst, das Exil des Prinzen – jenseits des Meeres – enthüllt, kann Elric mit einige Getreuen aufbrechen, um Yyrkoon zur Strecke zu bringen.

Doch zunächst muss der Gott des Meeres, Straasha, besänftigt werden. Und in der Tat gelingt es dem Albino nicht nur, das mächtige Wesen an ein Versprechen zu binden, sondern Straasha vertraut Elric ein gigantisches und magisches Schiff an, dessen Bau vor Urzeiten die Versöhnung mit dem Herren der Erde, Grome, symbolisierte.

Als sie schließlich jedoch ein fremdes Gestade erreichen, fordert Grome das Schiff zurück und Elrics Mannen müssen einen hohen Blutzoll zahlen, als sich ihr König – vergeblich – diesem Herrn der Elemente widersetzt. Für Elric bedeutet diese Erfahrung, dass er fortan nur noch dem Chaos dienen will.

In den Ruinen der antiken Stadt Dhoz-Kam finden sie Yyrkoon und Cymoril, doch der Verräter weiß mächtige Verbündete an seiner Seite und er ist bereit, Cymoril ohne zu zögern zu töten.

Lesern, die sich an den Elric-Geschichten Moorcocks in Roman-Form erfreut haben, sei das Vorwort Alan Moores zum Comic ans Herz gelegt, denn hier nimmt einer der einflussreichsten und begnadetsten Comic-Schaffenden der Moderne erklärend das vorweg, was den durchschnittlichen Leser unwillkürlich irritieren wird: die Diskrepanz zwischen der eigenen Erwartung an die Figur und dem Bild, welches das Comicteam zeichnet.

Zweifellos umgibt Elric – als eine Inkarnation des Ewigen Helden – aus Sicht vieler Roman-Kenner eine fast schon romantische Aura, der coole Nimbus eines einsamen Streiters, eine Tragik shakespeareschen Ausmaßes. Doch mit dieser wohlwollend verklärten Figur hat der Comic-Charakter kaum etwas gemein. Blondels und Canos Elric ist ein Besessener, dem Wahnsinn nahe und von tiefer, unmenschlicher Grausamkeit; er ist rücksichtslos und arrogant, einerseits pragmatisch bis zum Opportunismus, andererseits höchst irrational. Wegen dieses Wesens fällt es dem Leser nicht nur schwer, Mitleid oder Mitgefühl mit der Hauptperson zum empfinden, sondern – im Gegenteil – es macht sich eine gewisse Genugtuung breit, wenn der (Anti-)Held leidet, wenn er (s)einen Preis für seine Untaten und Obsessionen zahlen muss.

Das Artwork ist so schnell und dynamisch wie die Handlung selbst. Der eher raue, leicht skizzenhaft Duktus strahlt in Verbindung mit der düsteren, gedeckten Kolorierung eine archaische Kraft und Brutalität aus, die der Figuren-Interpretation angemessen ist. Insbesondere die großformatigen Bilder, die oft die Naturgewalten einfangen – die tosende See, den peitschenden Sturm oder die aufbrechende Erde – sind bei aller Detail-A rmut von beeindruckender Intensität.

Fazit: Grausam, überheblich und dem Wahnsinn nahe! Befreit von jeglicher romantischer Attitüde eröffnet die vorliegende Comic-Adaption eine Sicht auf Elric, die für viele Leser neu und spannend sein dürfte. In Verbindung mit dem kraftvollen Artwork ein Must-have für Liebhaber dunkelster Fantasy.