Spider-Man 19 (Comic)

Dan Slott
Peter Parker ist wieder da!
Spider-Man 19
(The Amazing Spider-Man (2014) 1, 2014)
Aus dem Amerikanischen von Michael Strittmatter
Titelillustration und Zeichnungen von Humberto Ramos
Panini, 2015, Heft, 52 Seiten, 4,99 EUR

Von Irene Salzmann

Die Fans haben es immer gewusst – die Frage war nur: Wann und wie erobert Peter Parker seinen Körper zurück, der von Otto Octavius kontrolliert wurde? Damit ist für Peter jedoch längst nicht alles beim Alten, denn er muss das Vermächtnis aufarbeiten, das ihm der nun endgültig (?) Verstorbene hinterlassen hat, und für Fehler geradestehen, die im Namen sowohl von Peter als auch von Spider-Man begangen wurden.

Die Tragweite dessen, was auf ihn zukommt, ist ihm nicht bewusst, denn weil Otto ihn aus seinem Gehirn vertrieben hatte, fehlen wichtige Teile der Erinnerung, und etwa verbliebene Geistesstücke seines Widersachers will Peter um keinen Preis anrühren.

Immerhin gelingt es ihm, sich mit Tante May und ihrem Mann Jay Jonah Jameson auszusöhnen, die bereits Zweifel an ihm hegten. Außerdem sind sie sehr stolz, dass er einen Doktor-Titel und ein florierendes Unternehmen besitzt. Das alles würde Peter am liebsten sofort loswerden, zumal der Konzern Spider-Technologie herstellt, die ihm fremd ist und von Otto missbraucht wurde. Allerdings würde das Arbeitsplätze und Jay seine Investitionen kosten. Die Avengers, die viel zu spät erkannt haben, was Peter zugestoßen ist, sind sich sicher, dass der echte Spider-Man wieder da ist, denn gewisse… Missgeschicke passieren einfach nur ihm.

Wesentlich heikler ist die Situation, in die Anna Maria Marconi Peter bringt. Die Kleinwüchsige, die sich in ihn – genauer: in Otto verliebt hatte und zu ihm gezogen ist, weiß nicht nur, dass sie es nicht mit dem Mann zu tun hat, an den sie glaubte, sondern sie entlarvt Peter auch als Spider-Man anhand intimer Details (das Missgeschick…).

Doch was Spider-Man noch sehr viel schlimmer trifft, ist dass Otto bei Freund und Feind viel Vertrauen, verspielt hat. Die Gegner fürchten Spider-Man und möchten Rache nehmen, allen voran Felicia Hardy alias Black Cat, Peters Ex-Freundin, die nach ihrer Zeit als Verbrechensbekämpferin wieder auf die schiefe Bahn geraten ist und von Otto hinter Gitter gebracht wurde.

Und dann wäre da noch in der Eingangsszene, einem Rückblick, ein junges Mädchen, über das man nichts Näheres erfährt und welches offenbar etwas mit Peter gemein hat. Spekulationen sind erlaubt.

Die deutsche „Spider-Man“-Ausgabe 19 markiert einen Neuanfang für den Titelhelden und seine Serie. Endlich ist alles wieder so, wie es dem Leser gefällt, denn egal durch wen Peter Parker auch immer wieder mal ersetzt wurde (zum Beispiel in der „Klon-Saga“), das Original ist immer noch am besten. Dieser Spider-Man hat nachvollziehbare Probleme, er ist durch und durch menschlich, und sein regelmäßiges Pech (wofür er nicht einmal Black Cat benötigt) sorgt dafür, dass er Bodenhaftung behält und nicht abhebt wie mancher Kollege, der irgendwann den Blick für das Wesentliche verliert und mit seinen Aktionen über das Ziel hinausschießt. Freilich war es interessant zu erleben, wozu ein ‚böser‘ Spider-Man fähig ist, obgleich Doc Ock versucht hat, ein ‚besserer‘ Spider-Man zu sein und zumindest in seiner Beziehung zu Anna Maria durchblicken ließ, was für ein Mann er hätte sein können, wären ihm einige prägende Tragödien erspart geblieben.

Was Peter nach seiner Rückkehr vorfindet, ist die Ruine seines Lebens. Natürlich könnte er sich alles, was Otto an Nützlichem hinterlassen hat (Doktor-Titel, das Unternehmen, einen gewissen Wohlstand, eine offenbar funktionierende Beziehung und so weiter), aneignen, quasi als Schadensersatz für das, was ihm genommen wurde. Doch ist Peter keiner von denen, die den einfachen Weg beschreiten. Was ihm gehört, will er selbst geschaffen haben, und es soll kein Makel daran haften. Einige Entscheidungen werden zweifellos noch folgen. Auch wird sich zeigen, wer seine wahren Freunde sind, indem sie die Wahrheit über diese unrühmliche Doc-Ock-Episode glauben und/oder mit einem Schulterzucken die Geschehnisse abtun, schließlich sind schon etliche andere tief gefallen und erhielten eine zweite Chance.

Angesichts all dieser ‚Baustellen‘, die Peter in Angriff nehmen muss, präsentiert sich das Heft sehr vielfältig, was sich nicht immer positiv bei den Zeichnungen widerspiegelt, aber abgesehen von einem Ausreißer ist der Band durch und durch lesens- und sehenswert.

Dieser gelungene Neuanfang macht Lust auf mehr „Spider-Man“ und das nicht bloß wegen der vielen Cliffhanger und offenen Fragen. Übrigens findet sich in den Heft ein doppelseitig bedrucktes, großformatiges Poster!