Michael Tillmann: Schatten suchen keine Ewigkeit – Postmoderne Gespenstergeschichten (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 08. Dezember 2013 11:12
Michael Tillmann
Schatten suchen keine Ewigkeit
Postmoderne Gespenstergeschichten
Titelillustration von Björn Ian Craig
Medusenblut, 2013, Taschenbuch, 182 Seiten, 13,00 EUR, ISBN 978-3-935901-17-8
Von Carsten Kuhr
Vor einigen Jahren las ich die ersten Sammlung von Kurzgeschichten aus der Feder Michael Tillmanns – bezeichnenderweise „Gänsekiel aus Schwermetall“ betitelt – und war beeindruckt. Hier erhob ein mir bis dato unbekannter Autor seine Stimme, und was war das doch für eine laute, aufrüttelnde Stimme. Nun legt Boris Koch in seinem wohlfeinen Medusenblut Verlag die zweite Story-Sammlung Tillmanns auf, diesmal unter dem Signet „Postmoderne Gespenstergeschichten“.
Nun kann man sich zu Recht fragen, ob ins unserer heutigen, schnelllebigen und hochtechnisierten Zeit Gespenstergeschichten überhaupt noch funktionieren, oder ob die Zeit der durchscheinenden Geister schon lange vorbei ist. Tillmann beweist in seinen sieben Geschichten, dass versierte Autoren dem Topic auch heute noch neue, interessante Seiten abgewinnen können.
Dabei fiel mir auf, dass der Autor in seinen Erzählungen immer wieder aktuelle Probleme unserer Zeit anspricht, die Einsamkeit der Menschen, ihre Haltlosigkeit, ihre innere Leere und Verelendung thematisiert. Statt sich darum zu bemühen, ein inneres Gleichgewicht zu finden, mit sich selbst ins Reine zu kommen wird die Leere durch Obsessionen übertüncht. So begegnen uns in den Beiträgen des Autors Alkoholiker, Sexbesessene und hart arbeitende Menschen, die allesamt eines vereint: Sie sind mit ihrem Leben, mit sich selbst unzufrieden, ihnen fehlt es an innerer Ruhe, an Zufriedenheit.
Stilistisch sehr ansprechend lernen wir auf unserer geführten Wanderung durch die Welt der Geister und Gespenster so Kinder kennen, die ihr Familienerbe, das in der Sichtung von Geistern besteht, empfangen, folgen einen Künstler, der erst als Geist erkennt, dass ihm die wahre Liebe geschenkt wurde, begegnen der an Loriot angelehnten geisterhaften Rückenschrubberin, treffen einen Pförtner, der seinem Beruf auch nach dem Ableben nachgeht und einen Nachtwächter, der der Verlockung des Gins nicht widerstehen kann, einen Taxifahrer, der über die mangelnde Zahlungsmoral der Gespenster lamentiert und einen Raumfahrer, der einsam und verlassen durch die Weiten des Alls driftet – bis er die Gesellschaft eines Gespensts bekommt…
Wie man sieht, ein Band der erneut nicht nur die abwechslungsreiche Erzählkunst Tillmanns zeigt, sondern auch mit stilistisch ansprechenden Denkanstößen punktet.