Christopher Fowler: Der Höllenexpress (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 25. Januar 2015 10:47
Christopher Fowler
Der Höllenexpress
(Hell Train, 2012)
Aus dem britischen Englisch übersetzt von Stefan Mommertz
Titelillustration von Mark Freier
Luzifer, 2015, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 354 Seiten, 13,95 EUR, ISBN 978-3-95835-026-7 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Mitten in den Swingin’ Sixties wird Shane Carter, einst gefeierte amerikanische Drehbuchautor für Horror-Filme, von seinem bisherigen Arbeitgeber auf die Straße gesetzt. Den Besuch bei seiner in England lebenden Schwester nutzt der nun abrupt arbeitslose Schreiberling dazu, den legendären Hammer-Studios einen Besuch abzustatten. Wie es der Zufall und der Autor so wollen, sucht der Produzent nach neuen Stoffen. Eine knappe Woche hat Shane für ein Drehbuch Zeit, als Inspiration dient ihm ein altes Gesellschaftsspiel namens „Höllenexpress“.
Perspektivenwechsel. Wir befinden uns mitten im Ersten Weltkrieg. Während bereits erste Gefechte geschlagen werden, ist der Lebemann und Trickbetrüger Nicholas Castleford in Osteuropa unterwegs. Während er noch versucht, die bezaubernde Wirtstochter Isabella zu betören, kommen die kämpfenden Truppen immer näher. Als einziger Ausweg bleibt den Beiden, wie auch einem britischen Pfarrerspaar, das seinen Zug versäumt hat, nur ein Zug, der Chelmsk nur einmal im Jahr, pünktlich um Mitternacht, anfährt – der Ärzengel, eine Bahn, aus der man vor der Endstation nicht aussteigt, ein Zug, der seine Passagiere zwingt, sich mit den dunkelsten Kapiteln ihres Lebens auseinanderzusetzen...
Vor Jahrzehnten erregte Christopher Fowler bereits einmal das Interesse der teutonischen Leserschaft. „Roofworld“ hieß sein Roman, in dem er beißende Gesellschaftskritik mit Urban-Fantasy- und Horror-Elementen verknüpfte und seine Leser an die Seiten fesselte. Das damalige Bastei-Lübbe-Paperback kann heute antiquarisch noch günstig erworben werden und wird seine Leser auch jetzt noch, mehr als dreißig Jahre später, in seinen Bann ziehen. Nach einem weiteren Roman („Spanky“) allerdings endete die Ära und der Name Fowler verschwand aus deutschen Buchhandlungen.
Umso begeisterter reagierte ich, als der Luzifer Verlag im Herbst 2014 bekanntgab, dass man Anfang 2015 einen neuen Roman des Briten auflegen würde.
Nun ist er also da, ein wunderbar passendes Cover aus der Werkstatt Mark Freiers ziert das Taschenbuch, das ganz den Hammer-Filmen seine Referenz erweist. Nicht nur, dass die Rahmenhandlung um das legendäre Filmstudio herum aufgebaut wurde, auch der eigentliche Inhalt der Geschichte in der Geschichte in der Geschichte orientiert sich an den gewohnten Plots der Movies.
Es geht immer wieder um Schuld und Sühne, darum, sich seiner Verantwortung zu stellen, aber auch um den Schrecken, der von außen an die Protagonisten herangetragen wird. Dabei nutzt Fowler geschickt gängige Sujets, um seine Handelnden zu beleuchten. Alle Zuginsassen haben ihre Geheimnisse, ihre Abgründe und offenbaren diese; zögerlich zwar, aber immer ist dies faszinierend zu lesen. Das hat, nachdem man die etwas komplizierte Konstruktion zu Beginn überwunden hat, sehr viel Tempo und hohen Unterhaltungswert, liest sich packend und wäre eine wunderbare Vorlage für einen wahrlich sensationellen Film.