Max 27: Foolkiller – Paradies der Narren (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 23. Juni 2009 01:00
Max 27
Foolkiller – Paradies der Narren
(Foolkiller – Fool’s Paradise)
Autor: Gregg Hurwitz
Zeichnungen: Lan Medina
Farben: June Chung, Andy Troy
Übersetzung: Uwe Anton
Lettering: RAM
Panini, 2009, Paperback mit Klappenbroschur, 132 Seiten, 16,95 EUR
Von Frank Drehmel
Nate McBride arbeitet als Geldeintreiber für das Internet-Wettbüro »Two-in-a-bush-dot-com«. Als er 120.000 Dollar unterschlägt und einen Teil der Summe verspielt, schickt ihm sein Arbeitgeber einige Kollegen vorbei, die nicht lange fackeln. Sie foltern Nate, vergewaltigen und ermorden die Ehefrau, bringen die kleine Tochter ebenfalls um und stellen dem Dieb ein Ultimatum: sollte es Nate nicht gelingen, innerhalb eines Monats das unterschlagene und verspielte Geld aufzutreiben, so wird auch die ältere Tochter, welche in einem Krankenhaus auf ein Spenderherz wartet, getötet.
Verzweifelt und hilflos mach sich McBride auf die Suche nach dem Foolkiller, einem Vigilanten, der Menschen, die er für Narren hält – Betrüger, Mörder und andere Verbrecher –, auf grausamste Art zu töten pflegt; und er hat Glück im Unglück: der Foolkiller erklärt sich – anscheinend aus Sentimentalität – bereit, Nate zu verschonen und stattdessen die harten Jungs aus den Reihen von »Two-in-a-bush« hinzurichten.
Während sich der psychopathische Mörder und sein schwarzer Kampfhund in der Hierarchie nach oben metzeln, ist der Chef der Organisation jedoch nicht untätig. Er lässt einen Profikiller namens Sichelmond einfliegen, damit dieser unscheinbare Mann Nate und seiner Tochter den Garaus macht.
Obgleich der Foolkiller in unterschiedlichen Inkarnationen schon ab den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts durch das Marvel-Universum geisterte und 1990 sogar eine eigene zehnteilige Mini-Serie erhielt, war die Figur niemals mehr als eine Randnotiz, ein vollkommen unbedeutender und nicht sonderlich publikumswirksamer Charakter.
Dieses Mauerblümchen-Dasein endete erst im Jahre 2007 mit der Neu-Interpretation der Figur durch Hurwitz und sein Art-Team – Medina, Chung und Troy – im Rahmen des MAX-Imprints des Marvel-Verlags, welches explizit für erwachsene Leser konzipiert wurde. Dabei hat der Erfolg des Relaunches, der dem Charakter nach »Fool’s Paradise« mittlerweile eine weitere Miniserie, »White Angels«, bescherte, drei Namen: simple Story, explizite Gewalt und realistisches Artwork.
»Paradies der Narren« ist eine einfach konstruierte, stereotype Rache-Geschichte, ein »Selbstjustiz ist geil«-Machwerk, in dem ein Soziopath entweder andere Soziopathen oder einfach nur Menschen, die er für Abschaum bzw. Narren hält, umbringt.
Das Ganze geschieht quasi im motivationslosen Raum, auch wenn wir in der Vita Mike Traces nebenbei etwas über eine diffuse Schuld erfahren, denn soziopathische Irre bedürfen keiner anderen Motive als Lust am Töten.
Damit sich der geistig gesunde Leser nicht voller Ekel von dem sadistisch mordenden Hauptprotagonisten abwendet, ist es nötig, dessen Handeln zu relativieren, indem man ihn auf noch sadistischere Gegenspieler treffen lässt. Damit sind die Eskalation der Gewalt und der Grausamkeit, die diesen Comic wie ein roter Faden durchziehen, schon im Konzept der Figur angelegt.
Besonders übel stößt hierbei auf, dass sich der Autor zu keinem Zeitpunkt von der primitiven, moralisch abstoßenden Rache-Ideologie distanziert – z.B. durch satirische Überzeichnung –, sondern – im Gegenteil – den Mörder heroisiert bzw. vermenschlicht und die Taten selbst durch ihre Inszenierung ästhetisiert.
Ohne jetzt in eine soziologische oder sozial-psychologische Diskussion abgleiten zu wollen, sei mir dennoch eine Bemerkung erlaubt: in einer Gesellschaft, die solche Helden gebärt – und der Foolkiller ist bei Weitem nicht der einzige »Held« dieser Couleur –, läuft etwas moralisch gewaltig schief. Angesichts dieses Machwerks wächst mein Bedauern, dass es für Comics keine FSK-Einstufung gibt und sich einige Verlage Cover-Hinweise wie »Empfohlenes Lesealter 16 » schenken (dürfen).
Schließen wir mit etwas grundsätzlich Erfreulichem: Das Artwork Medinas, Chungs und Troys ist bestechend! Hochrealistische Figuren, ein detailreiches Ambiente sowie der malerische und dennoch konstrastreiche Stil mit seinen gedeckten und ins Pastellene spielenden Farben verleihen jeder blutigen Szene eine geradezu cineastische Authentizität.
Fazit: Ein primitives und primitiv konzipiertes Comic für Freunde plakativer Gewalt und Grausamkeiten, das seine Wirkung nicht zuletzt durch das realistische Artwork entfaltet.