Batman: Stadt der Sünde (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 04. Oktober 2014 10:07
Batman: Stadt der Sünde
(Detective Comics 800-808, 811-814)
Autor: David Lapham
Zeichnungen: David Lapham, Ramon F. Bachs
Übersetzung: Steve Kups
Panini, 2014, Paperback, 292 Seiten, 24,99 EUR, ISBN 978-3-95798-070-0
Von Frank Drehmel
Kenntnisreiche Fans des Dunklen Ritters, des Mitternachtsdetektivs, werden um die Entwicklung wissen, die die Figur seit Bob Kanes Zeiten unter vielen Autoren durchgemacht hat. War der Held anfangs trotz des fledermausigen Outfits und seiner tragischen Vita nicht zuletzt wegen der „bunten“ Gegenspieler und des damaligen Artworks eine eher leichte Figur, wurden Charakter und Plots im Laufe der Dekaden unter zahlreichen Autoren und Zeichnern zunehmend dunkler, bis Düsternis und Dunkelheit im vorliegenden Storyarc Laphams aus dem Jahre 2005/2006 kulminierten.
Das Bemerkenswerte an Laphams Ansatz ist die Annäherung an die Figur über das Umfeld, in dem sie agiert. Das bedeutet, im Mittelpunkt der Geschichte steht die Stadt Gotham, deren „gesellschaftlichen“ Gegebenheiten zunächst die Prämissen, den Rahmen vorgeben, unter denen Batman walten kann. Und genau diese Stadt wird als Seelen verschlingender Moloch gezeichnet, als Sündenpfuhl, in dem alle moralischen Spiel- und Abarten menschlicher Existenz über das Individuum hereinbrechen, als Kloake aus Schmutz, Blut und Tod, als Ort, in dem Schreie von Opfern und Tätern – Schreie der Angst, des Entsetzens und der Lust – eine einzige Kakophonie bilden und in dessen dunklen, tiefen Schluchten und Hinterhöfen – aber auch hinter den illuminierten Fassaden der Monumente des Großkapitals – gedealt, prostituiert und gemordet wird.
In Laphams Gotham werden die bedrückendsten Elemente dystopischer Filme – von „Metropolis“ bis zum Los Angeles des Blade Runners –, Romane oder auch niedergeganger realer Metropolen wie Detroit zu einer nur schwer erträglichen Essenz verdichtet, zu einem Schreckensbild, vor dessen Hintergrund Batman in seiner Suche nach einem verschwundenen Mädchen und in der Auseinandersetzung mit den psychopathischen Gegenspielern wie dem Pinguin oder Mr. Freeze geradezu verloren scheint.
Der Horror, der mit „Stadt der Sünde“ erneut im Batman-Comic Einzug hält, ist weniger ein metaphysischer Horror, sondern vielmehr das blanke Entsetzen angesichts der Abgründe menschlichen Handelns und menschlicher Seelen. Sprachlich und erzählerisch sowie in den Plots und Subplots weist die Story deutlich in Richtung Hard-boild- und Noir-Krimi. In drastischen und bildgewaltigen Worten reflektiert der auktoriale Erzähler der oft aus der Perspektive Batmans erzählt – die zerschmetterten Existenzen auch der kleinen Leute, die der geradezu darwinistische, verzweifelte Kampf ums nackte Leben oft genug als Verlierer dastehen lässt. Die einzigen emotionalen Lichtblicke in all der Dunkelheit und Verzweiflung bilden einige wenige Auftritte Tim Drakes (alias Robin), dessen jugendliche Unbekümmertheit und Unbeschwertheit jedoch ein ums andere Mal den Widerspruch und ein Zurechtweisen durch Batman nach sich ziehen.
Insgesamt macht es Lapham dem Leser alles andere als leicht, angesichts all des Elends, des Verfalls und der Hoffnungslosigkeit, nicht schon nach der Hälfte das Tradepaperback deprimiert aus der Hand zu legen, um durch laue Luft, blauen Himmel und Wiesen voller Gänseblümchen neue Lebensfreude zu schöpfen.
Das Artwork Roman Bachs ist in jeder Hinsicht der Story ebenbürtig: mit Akkuratesse bannt er die Tristesse in ausdrucksstarke, dunkle und detailreiche Bilder: schmutzstarrende Straßen, tiefe Schatten, permanenter Regen aus einem bleigrauen Himmel, geduckte Menschen – Opfer der Gesellschaft – mit ernsten Gesichtern, in die das Leben tiefe Falten gefressen hat, und die nur dann lächeln, wenn sie andere übervorteilen, ausbeuten oder zerstören.
Fazit: Eine erzählerisch wie zeichnerisch grandiose Dystopie. Das Düsterste, was Batman bis dato zu bieten hat. Bleibt zu hoffen, dass sich die Autoren der neuen „Gotham“-TV-Show von dieser Storyline inspirieren lassen.