Richard Morgan: Das kalte Schwert (Buch)

Richard Morgan
Das kalte Schwert
(The Cold Commands)
Übersetzung: Alfons Winkelmann
Heyne, 2013, eBook, 11,99 EUR

Von Christel Scheja

Der englische Schriftsteller Richard Morgan arbeitete zunächst als Lehrer, bis er sich dazu entschied, nur noch zu schreiben. Mit „Glühender Stahl“ landete er einen Überraschungserfolg und startete eine Heroic-Fantasy-Saga, die nun in „Das kalte Schwert“ fortgesetzt wird.

Ringil Eskiath hat es nicht leicht. Er mag zwar ein begnadeter Schwertkämpfer sein, aber er hat sich damit auch eine Menge Feinde geschaffen. Inzwischen hat ihn seine Familie enterbt und verstoßen, weil er sich offen zu seiner Liebe zum eigenen Geschlecht bekannt hat. In seiner Heimat ist er des Todes, denn Homosexualität wird schwer bestraft. Kopfgeldjäger haben einen hohen Preis auf ihn ausgesetzt, während er selbst auf der Suche nach einer ganz bestimmten Frau ist, die seine Cousine versklavte, und sie ihrer gerechten Strafe zuführen will.

Derweil sucht seine Weggefährtin Archeth, die inzwischen zur Ratgeberin des amtierenden Kaisers aufgestiegen ist, nach Spuren ihres eigenen langlebigen Volkes und erlaubt es, Egar als Hausgast bei sich zu leben, aber der Drachentöter langweilt sich zu Tode und hangelt sich von einer Liebschaft zur anderen. Als die nicht ganz menschliche Zauberin nicht nur erfährt, dass es irgendwo auf dem weiten Ozean eine Stadt des hochentwickelten und magisch mehr als begabten Volkes ihres Vaters geben könnte, sondern auch über eine Bedrohung unterrichtet wird, die sich an den Grenzen des Reiches zusammenbraut, überstürzen sich die Ereignisse auf allen Ebenen.

Ringil hat seine Angelegenheiten inzwischen erledigt und kehrt auch nach Yelteth, in die Hauptstadt zurück, doch er kann sich nicht lange ausruhen, denn schon bald bitten ihn seine Freunde, sie im Kampf gegen die neue Gefahr zu unterstützen. Denn auch Egar ist mittlerweile in den Resten eines alten Tempels auf interessante Spuren gestoßen...

Ob „Das kalte Schwert“ wirklich für die Fans von „Game of Thrones“ interessant ist, sei dahingestellt, denn Richard Morgen bleibt in allem eine Nummer kleiner. Die Figuren bewegen sich in einem viel kleineren Umfeld und haben längst nicht so viel mit höfischen und über die ganze Welt reichenden Intrigen zu tun, sie handeln auch mehr im eigenen Interesse als für ihre Familien und letztendlich bleibt die Bedrohung im Hintergrund lange ein diffuser Schatten, der eigentlich keine wirkliche Rolle für die Handlung des Buches spielt.

Über weite Teile des Romans agieren die Helden in eigenen Ebenen und erleben eher kleine und in sich geschlossene Abenteuer mit überschaubar mächtigen Feinden, gegen die sie schnell Erfolge erzielen können.

Da der Autor viel Wissen voraussetzt, werden es Neueinsteiger eher schwer haben, zu erfassen, welche Eigenheiten und Macken die Helden schon haben und welche sie erst noch entwickeln. Die Handlungsebenen bieten viel Action und Spannung, aber die Zusammenführung selbst wirkt dann doch eher gezwungen und aufgesetzt, zumal die Figuren zuvor kaum Berührungspunkte hatten, nicht einmal durch die Erlebnisse, die sie hinter sich gebracht haben. So gesehen wirkt die Handlung konstruiert und enttäuscht, vor allem im letzten Drittel, da es sich der Autor dann auch einfach zu machen beginnt und Zufall, wie auch Magie dabei helfen, alles so hinzubiegen, dass es passt. Zuvor lässt er sich sehr viel Zeit mit den einzelnen Helden, aber über die Längen am Anfang kann man noch eher hinwegsehen, da er diese halbwegs zu kaschieren weiß.

Die Figuren sind wie im ersten Band nur grob charakterisiert und bleiben dem Leser eher fremd, auch wenn man deren Gedanken und deftige Beschreibungen aus ihrem Intimleben mitbekommt. Zugute halten muss man dem Autor aber, dass er homosexuelle Helden auf ganz natürliche und gelassene Weise einbringt und aus ihren Neigungen kaum ein Drama und zum ganz normalen Teil der Handlung macht. Alles in allem mag das Buch vielleicht Rollenspieler und Heroic-Fantasy-Fans ansprechen, die eher seichte Unterhaltung ohne komplexe Entwicklungen suchen, wer aber glaubt, hier einen zweiten George R. R. Martin zu finden, der wird sehr schnell enttäuscht werden.

Alles in allem ist „Das kalte Schwert“ ein actionreicher Fantasy-Roman, für alle Leser, die es etwas härter und brutaler als üblich mögen und auch nichts gegen homosexuelle Helden haben. Allerdings sollten sie sich darauf einstellen, dass die Geschichte am Anfang gelegentlich doch einige Längen hat und gerade zum Ende hin durch eine arg konstruierte Zusammenführung der Helden eher enttäuscht als zufriedenstellt.