Kern, Claudia: Rache – Der verwaiste Thron 3 (Buch)

Claudia Kern
Rache
Der verwaiste Thron 3
Titelillustration von Eric Bouffard
Blanvalet, 2009, Paperback mit Klappenbroschur, 384 Seiten, 13,00 EUR, ISBN 978-3-442-24422-5

Von Carsten Kuhr

Als die Truppe der Nachtschatten unter der Führung General Korvellans die unbezwingbare Feste Somerstorm angreift und erobert ahnt noch niemand, dass die Gestaltwandler es damit noch lange nicht genug sein lassen.
Westfall wird belagert, und selbst die Magier sind kaum fähig, die angreifenden Horden in Zaum zu halten. Als eine der Vergangenen, die als Götter verehrten Vorgänger der Menschen, zurückkehrt und das Reich der Magie neu errichten will, müssen sich die einander bekriegenden Parteien zusammentun, nur so ist ein Überleben denkbar. Während die Menschen wie die Nachtschatten selbst das nicht zu akzeptieren bereit sind, ist den Anführern klar, dass nur ein koordiniertes Vorgehen – wenn überhaupt – eine Chance für das Überleben bietet.

Dies ist die Geschichte einiger der Entscheidungsträger. Der Nachtschatten-General Korvellan schließt sich mit dem verkrüppelten Menschenfürsten Carymorus zusammen und macht sich, ebenso wie die flüchtige, von allen Gejagte Erbin Somerstorms Ana, auf gen Norden. Hier, wo alles begann, wo Anas Bruder seinen Frieden mit den Eroberern gemacht hat, kommt es zum letzten, entscheidenden Aufeinandertreffen. Während die Ewige Garde, von magischem Staub zu Zombies gewandelte Menschen, gen Somerstorm zieht, kann nur einer die Welt wieder ganz machen, doch ist dieser bereit den Preis dafür zu bezahlen?

»So muss Fantasy sein«, orakelt Michael Peinkofer im Blurb zum Buch, und dieses Mal muss ich ihm recht geben.

Während die meisten der anderen Heftromanautoren, die die deutschsprachigen Großverlage in ihrer Reihen aufgenommen haben, eher mäßiges, wiedergekäutes Lesefutter auflegen, wusste und weiß Claudia Kern zu überzeugen. Nicht umsonst stand sie als einzige der oben erwähnten Autorenriege in der Auswahlliste zum Deutschen Phantastik Preis, konnte sie doch Kritiker wie Leser gleichermaßen mit ihren Büchern überzeugen.

Warum dies so ist, was die anderen Autoren falsch machen, fragen Sie?
Nun, zum einen kaut Kern nicht eine der altbekannten Heldengeschichten zum x-ten Mal wieder. Ihr geht es stattdessen um Schicksale von Personen, die sich eben nicht immer stromlinienförmig verhalten, die nicht immer nur positiv und gerecht agieren, deren Verhalten aber zu ihrer jeweiligen Figur passt.
Dazu kommt, dass Kern nicht fast krampfhaft versucht, ein Happy-End herbei zu zwingen. Auch bei ihr erwischt es am Ende ein paar der Bösen, doch waren diese wirklich böse? Waren die Überlebenden die Guten, und wenn ja, was fangen sie nun mit ihrer Freiheit an? Fragen, die sie bewusst offen lässt, wobei auffällt, dass die Autorin geschickt vermeidet, zu werten. Sie dokumentiert die Handlungen ihrer Gestalten, berichtet, zwar mit Sympathie über die Figuren aber dennoch distanziert von den Geschehnissen, und wie diese ihre Figuren verändern. Geschickt dreht sie dabei Gestalten, lässt diesen den Raum, sich zu entwickeln, auch einmal auf die schiefe Bahn zu geraten, vom Protagonist zum Antagonist zu werden, um auf diese Weise ein wirklichkeitsnahes Bild ihrer archaischen Welt zu zeichnen.

Das ist überraschend, das bietet unerwartete, nicht vorhersehbare Wendungen und Erkenntnisse, die diesen Ausdruck auch verdient haben.

Insoweit spielt die Trilogie um den verwaisten Thron in einer anderen Liga als die mittlerweile fast unsäglichen Völkerromane und zeigt, dass Fantasy aus Deutschland durchaus ihren Reiz haben kann und zu überzeugen weiß, wenn sich denn der Autor auf eigenständige Handlung und Stärken besinnt.