A. Lee Martinez: Der Mondist nicht genug (Buch)

A. Lee Martinez
Der Mond ist nicht genug
(Chasing the Moon, 2011)
Übersetzt von Karen Gerwig
Umschlagabbildung: David Malan
Piper, 2013, Taschenbuch, 398 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-492-26882-0 (auch als eBook erhältlich)

Von Gunther Barnewald

Diana hat gerade eine richtige Pechsträhne und kann es gar nicht fassen, dass, inmitten des Unglücks, sie bei der Wohnungssuche scheinbar auf eine Traumwohnung stößt. Aber natürlich hat auch diese Wohnung einen gigantischen Haken: Denn Diana muss für den Rest ihres Lebens auf das im Schrank gefangene Monster mit dem Namen Vorm aufpassen.

Zuerst ist die junge Frau entsetzt, merkt dann aber bald, dass Vorm, obwohl er ständig Hunger hat und dazu neigt, alles mit Haut und Haaren zu verschlingen, gar kein übler Kerl ist. Ebenso wie die anderen Monster, die sich bald um die nette Diana scharen. Alles könnte so schön sein, stünde nicht gerade der Weltuntergang kurz bevor. Diana sieht sich gezwungen, etwas dagegen zu unternehmen...

Mit dem vorliegenden Werk ist dem Fantasy-Humoristen A. Lee Martinez ein wirklich unterhaltsames und außerordentlich skurriles Werk gelungen. Endlich lässt er seiner Phantasie mal freien Lauf und beglückt die Leser mit herrlich hirnrissigen Einfällen, wie dem mexikanischen Restaurant, welches immer an anderer Stelle im gleichen Block auftaucht, manchmal aber auch samt Gästen verschwunden ist, oder einer fremden Realität, in der gigantische Insekten die Welt beherrschen (mehr soll hier nicht verraten werden!).

Auch Diana wird mit mehr fremden Dimensionen konfrontiert, als ihr lieb sein kann. Die seltsamen Mitbewohner im Apartmenthaus, deren Monster und auch alle anderen Arten von extradimensionalen Lebewesen und deren Fähigkeiten und Charakteristika, tragen erheblich zum großen Lesevergnügen des Romans bei. Unerheblich, dass der Autor große Actionszenen meidet und sogar das Ende der Geschichte auf unkonventionelle Art und Weise erreicht wird, die fremdartigen Entitäten und Dimensionen dürften phantasiebegabten Lesern so viel Spaß machen, dass das Buch trotzdem ein großes Lesevergnügen darstellt.

Besonders erfreulich ist die Vermeidung von Klischees, denn der Autor neigte bisher dazu, wenn er Eigenheiten der Phantastik durch den Kakao zog, dies mit neuen, meist noch schlimmeren Klischees zu füllen, was dem Niveau der Geschichten deutlich abträglich war. Meist verschenkte Martinez bisher gute Ideen sogar, wählte die billigste Ausführung und die läppischste Handlungsführung, um sich und seinen Lesern Mühen zu sparen.

„Der Mond ist nicht genug“ ist da wohltuend anders, unaufgeregt, einfallsreich und wunderbar erzählt, stellt der vorliegende Roman so ziemlich das Beste dar, was der US-Amerikaner bisher verzapft hat. Eine Wundertüte, die an allen Ecken und Enden bizarre Ideen ausstößt und in ihrer Schrulligkeit so wohltuend unprätentiös ist, dass man Dianas Abenteuern in einem aus den Fugen geratenen Kosmos gerne folgt und es auch akzeptieren kann, dass mal wieder das Universum gerettet werden muss, auch wenn das bei Martinez diesmal keiner wirklich ernstnehmen kann oder muss.