Rachel Hartman: Das Königreich der Drachen - Serafina 1 (Buch)

Rachel Hartman
Das Königreich der Drachen
Serafina 1
(Seraphina, 2012)
Aus dem Amerikanischen von Petra Koob Pawis
cbj, 2012, Hardcover, 500 Seiten, 17,99 EUR, ISBN 978-3-570-15269-0 (auch als eBook erhältlich)

Von Christel Scheja

Die Autorin Rachel Hartman war schon als Kind von Musik begeistert und spielte Cello. Zusammen mit ihrer Schwester synchronisierte sie Mozartopern. Zum Schreiben ihres ersten Romans inspirierte sie allerdings das berühmte Renaissancelied „Mille Regrez“. Sie lebt heute mit ihrer Familie in Kanada. „Serafina“ ist nicht nur ihr Debütroman sondern auch der erste einer ganzen Reihe.

Noch vor über vier Jahrzehnten lagen die menschlichen Bewohner von Goredd im Krieg mit den Drachen. Ritter wussten mit der Kraft der Dragomachie ihr Land zu verteidigen und hatten hohes Ansehen. Doch ein Vertrag sorgte dafür, dass man sich nicht länger bekriegte und Frieden schloss. Seither versuchen beide Parteien miteinander gut auszukommen und einander besser kennenzulernen, die Ritter, die sich nicht fügen wollten, wurden verbannt und die Dragomarchie gilt inzwischen als fast vergessene Kunst. Allerdings ist das Misstrauen nicht geschwunden. Drachen, die sich in Menschengestalt in der Hauptstadt aufhalten, weil sie als Botschaftsangehörige arbeiten oder an der Universität lehren und lernen, müssen eine Glocke tragen, damit man sie erkennt.

Die Lage bleibt angespannt und droht zu eskalieren, als Prinz Rufus ermordet aufgefunden wird. Alles deutet auf einen Drachen hin. So ist die Stimmung ziemlich gereizt, als sich der Jahrestag nähert und hohe Gäste aus dem Drachenreich erwartet werden. Serafina bekommt dies alles hautnah mit. Sie arbeitet als Musikmamsell am Königlichen Hof und kommt bisher mit Menschen und Drachen sehr gut aus, da letztere auch unter ihren Lehrern waren. Zusammen mit dem Hauptmann der Garde wird sie in die Ermittlungen verwickelt, die auch sie dazu bringen, sich immer mehr mit ihrem eigenen Geheimnis zu beschäftigen. Und ehe sie sich versieht, muss sie sich einer überraschenden Wahrheit und einem nicht leicht zu schulternden Erbe stellen, das ihr ganz besondere Talente beschert hat.

Das Debüt von Rachel Hartman kann sich sehen lassen. Nicht nur, dass sie das Thema Drachen und Menschen von einer ganz ungewohnten Seite angeht, sie überzeugt auch noch mit einer atmosphärisch dichten Handlung und durchgehender Spannung, die nicht durch vordergründige Action erzeugt wird, sondern durch eher hintergründige Entwicklungen. Gewalt tritt nur am Rande auf, stattdessen geht es um Intrigen und Lügen, Geheimnisse und Spuren.

Serafina macht in dem Buch eine interessante Entwicklung durch. Nicht nur, dass sie herausfindet, warum sie anders ist, sie lernt auch mit ihren Gaben umzugehen und ihren Platz in der Gesellschaft zu finden, der ein ganz anderer ist als der, den sie bisher einnimmt. Umgeben ist sie von interessanten Nebenfiguren, die ebenfalls nicht auf der Stelle stehenbleiben. Vor allem die junge Prinzessin, die sie in Musik unterrichtet, beweist, dass sie eben nicht nur eine zickige Jugendliche ist, sondern die Entwicklungen am Hof sehr genau beobachtet hat. Alles in allem mögen Kämpfe und Gefahren zwar Mangelware sein, die Bedrohung ist aber allgegenwärtig. Das liegt vor allem an der intensiven – aber nicht ausufernden – Beschreibungen des Settings, bei dem alles zusammenpasst und nichts überflüssig wirkt, den sich langsam entfaltenden Hintergrundes und nicht zuletzt der vielschichtigen Figuren, die immer wieder mit neuen Überraschungen aufwarten. Der Roman ist halbwegs in sich geschlossen, macht aber keinen Hehl daraus, dass die Geschichte noch weiter geht.

Alles in allem gehört „Serafina“ zu den ungewöhnlichsten und damit interessanten Drachen-Romanen der letzten Jahre, da die Autorin so manches liebgewonnene Klischee auf den Kopf stellt. Vor allem Fans intrigenreicher höfischer Fantasy, egal ob jung oder alt, werden ihren Spaß an dem immer wieder überraschend verlaufenden Werk haben.