Andrew Prentice & Jonathan Weil: Pandämonium – Die schwarzen Künste (Buch)

Andrew Prentice & Jonathan Weil
Pandämonium – Die schwarzen Künste
(Black Arts)
Aus dem Englischen übersetzt von Ursula Höfker
cbj, 2013, Hardcover, 478 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-570-13602-7

Von Carsten Kuhr

London 1592. Die Stadt die dereinst als das Zentrum des Commonwealth der wirtschaftspolitische Nabel der Welt sein wird, gleicht einem Schweinestall. Dreck, Elend und Gestank wohin man schaut. Während die Königin und ihr Hofstaat sich außerhalb der Metropole vergnügen, müssen ihre Untertanen sehen, wie sie über die Runden kommen. Dies ist die Geschichte von Jack. Seine Mutter, den Vater hat er nie kennengelernt, zog ihn mit fester Hand heran, sollte Jack doch eines Tages in ihre Fußstapfen als erfolgreiche Schnapperin in der Familie Sharkwells, der örtlichen Gilde der Diebe und Mörder, nachfolgen.

So lernte er von frühester Kindheit an, Mauern zu erklimmen, Schlösser zu knacken und Beutel abzuschneiden. Der Tag aber, an dem er seine Aufnahmeprüfung erfolgreich ablegt, hält Unbill für ihn bereit. Als er nach Hause kommt, bringt er die Pfeife aus dem Beutel seines ersten Opfers für seine Ma mit. Dass er einen der sich in der Stadt breitmachenden Kuttenträger, die mit der Bibel in der Hand gegen das Höllengezücht wettern, bestohlen hat, erweist sich als fatal. Sein Opfer will die Pfeife wiederhaben, findet den Dieb und tötet Jacks Mutter. Dass Jack das in der Pfeife verborgene Pulver auf seine Hand und ins Auge bekommt, verändert den Jungen. Er kann Magie sehen, an Stein gebundene Dämonen erkennen und Zauber lösen. Doch bis er dies erkennt, vergeht erst einmal eine Zeit, in der er erfolgreich für die Familie als Beutelschneider und Betrüger tätig ist. Zwar lehnt ihn die Enkelin Sharkwells zunächst vehement ab, doch die Beiden raufen sich zusammen. Alles könnte seinen erwarteten Weg gehen, wenn Jack nicht unbedingt Rache am Mörder seiner Mutter üben wollen würde. Er schließt sich John Dee, dem Astronom der Königin, und dessen Agenten im Kampf gegen Webb, dessen Kutterträger seine Machtübernahme vorbereiten, an. Dass Webb böses im Schilde führt, ahnen sie alle, doch wie ihn entlarven und dessen Plan, die Tore zur Hölle aufzustoßen, vereiteln – das ist die Frage…

Das Autorengespann Prentice/Weil fährt in ihrem Erstlingswerk auf, was gut und teuer ist. Zu Beginn begegnen wir einem Jungen, der aus ärmlichen Verhältnissen stammend auf der Suche nach seinem Glück ist. Dass er sich, der Familientradition folgend, dabei als Verbrecher versucht und auch noch Erfolg hat, macht ihn für den Leser interessant. Hier kokettieren die beiden Autoren geschickt mit dem Verruchten des organisierten Verbrechens, der Familie, die sich um ihre Mitglieder kümmert, und gegen Gefahren von außen zusammensteht. Dass Jack dann sein einziges echtes Familienmitglied verliert, nie wirklich richtig heimisch wird bei den Dieben und Betrügern, weckt das Mitgefühl für den Jungen in uns. Gleichzeitig nimmt uns seine Cleverness für ihn ein, können wir seine Wut, seine Verzweiflung und seinen Rachedurst gut nachvollziehen. In diese Welt der Taschendiebe haben die Autoren dann mit der zunächst sehr dosiert eingesetzten Magie ein weiteres Element eingefügt, das für weitere Spannung und Faszination sorgt. Dabei wird die Frage, wie die Magie funktioniert, außen vor gelassen, bekommen wir zusammen mit Jack lediglich deren Auswirkungen zu spüren. Ohne dass dies zu sehr in das Zentrum gerückt wird, darf auch ein wenig Romantik in den Plot einfließen, das Hauptaugenmerk liegt aber in der Aufklärung der mysteriösen Geschehnisse rund um den Prediger Webb und dessen dunkle Pläne. Geschickt haben Prentice und Weil dabei historische Figuren wie Dr. John Dee eingebaut, nutzen bekannte Versatzstücke – den begnadet kämpfenden Agenten mit dem guten Herz, das Hurenhaus und dessen verführerische Bewohnerinnen, den Alchimisten auf der Suche nach Macht –, um ihre Geschichte mit gewohnten, aber in einen frischen Kontext gesetzten Elementen aufzupeppen.

Auch wenn der Handlungsort, das alte London, recht unscharf blieb – vor meinem inneren Auge nahm die Stadt nie wirklich Gestalt an – las sich das Buch kurzweilig und spannend auf einen Rutsch durch. Die Übersetzung bietet sich unauffällig an, die Sprache ist der Zielgruppe – ab 14 Jahren – angemessen, die äußere Gestaltung ein Hingucker.