Kathy Reichs: Tote können nicht mehr reden – Virals 1 (Buch)

Kathy Reichs
Tote können nicht mehr reden
Virals 1
(Virals, 2010)
Aus dem Amerikanischen von Knut Krüger
Titelgestaltung von Hanna Hörl Designbüro unter Verwendung eines Motivs von Petar Lazovic
Illustrationen im Innenteil von Vicky Newman
cbj, 2011, Hardcover, 480 Seiten, 18,99 EUR, ISBN 978-3-570-15288-1 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Nach dem Unfalltod ihrer Mutter zieht Tory Brennan zu ihrem Vater, einem Meeresbiologen, nach Morris Island. Für beide bedeutet dies eine völlig neue Erfahrung, denn keiner wusste vom anderen. Schnell freundet sie sich mit den drei einzigen Jugendlichen – Ben, Hi und Shelton – an, die ebenfalls auf der Insel wohnen.

Tory ist die hochintelligente Nichte von Temperance „Bones“ Brennan („Bones – Die Knochenjägerin“) und eifert der forensischen Anthropologin nach. In Folge ist ihre Neugierde geweckt, als sie auf einer anderen Insel, auf der geheime Experimente betrieben werden, die Erkennungsmarke eines Vietnam-Soldaten findet. Schon bald bringt sie zusammen mit ihren Freunden in Erfahrung, dass dessen Tochter, die vor Jahren verschwundene Katherine Heaton, diese Marke in ihrem Besitz hatte.

Wenig später graben die Jugendlichen ein weibliches Skelett an jener Stelle aus, an der Tory die Marke entdeckt hatte. Sie werden jedoch von bewaffneten Männern verjagt und können ihnen bloß mit viel Glück entkommen. Die Polizei glaubt kein einziges Wort von dieser abenteuerlichen Geschichte, denn jemand hat die Leiche gegen Affenknochen ausgetauscht.
Auch der Arbeitgeber von Torys Vater macht Ärger, denn er ahnt, dass die Teenager für das Verschwinden eines seiner Testobjekte, einen Wolfshund, verantwortlich sind. Da es sich um ein illegales Experiment handelt, kann er sie nicht öffentlich beschuldigen, und so haben die vier keine Ahnung, was mit ihnen passiert, als sich plötzlich merkwürdige Krankheitssymptome zeigen.

Kathy Reichs erzählt eine sehr komplexe Geschichte, in der sie verschiedene Geschehnisse miteinander verbindet: Zunächst versuchen die vier Hauptfiguren das Rätsel um ein vermisstes Mädchen zu lösen, ohne zu ahnen, dass ihre Nachforschungen einflussreiche Personen aufstören, die ein großes Interesse daran haben, dass der Mord an Katherine Heaton niemals aufgeklärt wird. Desweiteren befreit das Quartett einen kranken Wolfshund und infiziert sich mit einem mutierten Virus. Letztlich können sie – natürlich – den Fall lösen und dadurch eine weitere Straftat aufdecken. Überraschenderweise sind auch Personen involviert, von denen man es nicht erwartet hätte.

Die Story ist durchaus spannend, aber die Autorin trägt doch recht dick auf. Tory, Ben, Hi und Shelton sind alle sehr intelligent und auf ihren jeweiligen Gebieten wahre Genies. Sie brechen in gesicherte Forschungsanlagen ein, wissen ganz genau, wie man ein todkrankes Tier pflegt, legen sich mit Gangstern an und, und, und. Selbst wenn sie in eine aussichtslose Situation geraten, finden sie immer einen Weg oder haben das notwendige Quäntchen Glück, um sich zu retten. Richtig utopisch wird es, als sie sich durch das Virus zu verändern beginnen. Nein, zu Werwölfen werden sie nicht, aber die X-Men lassen grüßen. Sicher hätte die Handlung auch ohne die Superhelden-Mutation und mit den richtigen Wendungen funktionieren können, denn die Protagonisten waren zuvor schon super genug, aber die Autorin scheint noch so einige Pläne für ihre jungen Helden zu haben, die mehr in Richtung SF als zum Thriller tendieren.

Wenn man die TV-Serie „Bones“ nicht kennt, kann man freilich keine Vergleiche ziehen. Für junge Fans der Reihe, ist der Spin Off sicher eine reizvolle Lektüre, und auch wer durch den vorliegenden Roman erstmals mit Kathy Reichs in Berührung kommt, kann sich in die Handlung problemlos hineinversetzen. Allerdings sollte man Superhelden-Kids mögen, sonst empfindet man „Virals“ als zu phantastisch und zu übertrieben.