Red Lanterns 1: Mit Blut und Zorn (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 15. September 2012 22:25

Red Lanterns 1
Mit Blut und Zorn
(Red Lanterns 1-7)
Autor: Peter Milligan
Zeichnungen: Ed Benes
Übersetzung: Christian Heiss
Panini, 2012, 156 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86201-455-2
Von Frank Drehmel
Nachdem die Red Lanterns 2007 ihren Einstand im DC-Universum feierten, entwickelten sie und insbesondere ihr Anführer Atrocitus in den Ereignissen um die Final Crisis sowie das „Blackest Night“- und „Brightest Day“-Crossover soviel Potenzial, dass man sich verlagsseitig entschied, diesen gewalttätigen, zornigen Anti-Helden im Zuge des „New 52“-Relaunches und in Folge der Popularität, die die Green Lanterns aktuell generell genießen, eine eigene Reihe zuzugestehen.
An den Ufern des Blutozeans auf dem toten Planeten Ryut hängt der Erschaffer und der Anführer der Red Lanterns, Atrocitus, im Angesicht der aufgebahrten Leiche seines Erzfeindes Krona, des wahnsinnigen Wächters, der für die Vernichtung eines ganzen Sektors und Trillionen von Leben – darunter auch Atrocius’ gesamtes Volk und seine geliebte Familie – verantwortlich zeichnete, existenziellen, philosophischen Gedanken nach, Gedanken, die die Reinheit des Zorns, aus dem er und sein Corps Macht schöpft, zerstören, die ihn schwächen.
Er sieht sich angesichts der Komplexität des Universums und des Problems nicht länger in der Lage, zu beurteilen, welche Untaten seine Rache verdienen, welcher Zorn ein gerechter ist. Daher beschließt er, aus den Reihen seines Corps einen Helfer zu erwählen, einen, der ihn bei seiner Mission unterstützt. Da aber die Red Lanterns bestenfalls halbbewusste, keiner rationalen Gedanken, Abwägungen und Kommunikation fähige Wesen sind, muss er einen von ihnen soviel Bewusstsein und Intellekt verleihen, dass er ihm selbst nahezu gleichkommt. Atrocitus entscheidet sich für Bleez, eine ehedem stolze, ja hochmütige Prinzessin, der auf ihrem Planeten Havania Grauenhaftes angetan wurde. Doch schon bald bereut Atrocius seine Tat, denn Bleez wird mit wiederhergestelltem Bewusstsein für ihn so undurchschaubar, dass er, ihren Verrat fürchtend, weiteren Lanterns ihr Bewusstsein wiedergibt, um sich ihrer Gefolgschaft zu versichern, falls sich Bleez tatsächlich gegen ihn stellen sollte.
Während Atrocitus auf Ryut seinen unwirklichen Kampf zu verlieren droht, wird auf der Erde John Moore anlässlich des gewaltsamen Todes seines Großvaters, des Mannes, der ihn liebevoll aufzog, sowie des Todes seines Bruders, mit der Erkenntnis konfrontiert, dass er selbst ein Feigling ist und immer war. Das Wissen um die eigene Schwäche, aber auch um den Tod der Familie, steigert seinen Zorn ins Unermessliche, macht ihn so überwältigend, dass einer der roten Kraft-Ringe John zum Träger erkürt und ihn in eine Red Lantern verwandelt. Um sein Bewusstsein und seine Erinnerungen ringend mach sich John auf, den Tod des Großvaters und Bruders zu rächen, und steht plötzlich Guy Gardner gegenüber, jener Green Lantern, die einst selbst zu den verdammten roten Wächtern gehörte.
Zugegeben, die Green Lanterns rangieren schon lange in meinem Sympathieranking irgendwo zwischen Bouncing Boy und Chlorophyll Kid, was sich auch nicht durch die großen Crossover der letzten Jahre sowie den Relaunch signifikant geändert hat; ich steh einfach nicht auf Grün. Von daher fiel es mir – Indianerehrenwort! – schwer, den Red Lanterns die Chance einzuräumen, die sie verdienen; aber erstens finde ich Rot geil und zweitens hat man als Rezensent gewisse pekuniäre Vorteile in Form von Kostenersparnissen ... von daher...
Peter Milligan und Ed Benes ist mit dem vorliegenden Serien-Debüt alles in allem tatsächlich ein großer Wurf gelungen. Zwar wirkt der Story-Arc um John (Jack?) Moores Transformation in Rankorr, die Red Lantern des Raumsektors 2814, in toto ziemlich ausgelutscht, pathetisch und soapig, zwar sind Atrocitus’ Reflexionen über Sinn und Ziel seines Seins, seine Bestimmung, zuweilen banal, aber das ändert nichts daran, dass die Helden – oder besser: Anti-Helden – an sich, mit ihrer fiesen Genesis – von fünf Corps-Mitgliedern erfahren wir die persönliche Leidensgeschichte, an deren Ende der Zorn und die Transformation stehen –, mit ihren charakterlichen Unterschieden und ihrer Motivation vom Autor saucool, sinister und komplex gezeichnet werden.
Vergleichsweise komplex ist auch der Handlungsaufbau mit seinen beiden parallel laufenden Handlungsbögen, in die zahlreiche Rückblenden eingeflochten sind, welche der Geschichte eine Dynamik verleihen, die sich auch dynamischen, detaillierten, jedoch nicht überladenen Mainstream-Artwork widerspiegelt.
Fazit: Ein weiterer gelungener Serienauftakt im Rahmen des „New 52“-Relaunches. Rasant und actionreich inszeniert, hochdynamisch gezeichnet, lebendig und farbenfroh koloriert, mit zahlreichen interessanten Charakteren, die sich wohltuend aus dem Superhelden-Brei abheben und die tatsächlich Anti-Helden-Potenzial besitzen.