Aileen P. Roberts: Der Feenturm (Buch)

Aileen P. Roberts
Der Feenturm
Goldmann, 2012, Paperback mit Klappenbroschur, 638 Seiten, 12,99 EUR, ISBN 978-3-442-47711-1 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Während ihres Urlaubs in Schottland lernen Dana und ihre Freundin Marita die Engländer Marc und Alec kennen und setzen die Reise gemeinsam fort. Marita und Alec werden schnell ein Paar, doch Dana wahrt Distanz, obwohl ihr Marc ganz gut gefällt. Die Erfahrung mit ihrem Ex Jens lässt sie vorsichtig sein; außerdem ist sie nicht der Typ für einen Urlaubsflirt. Wegen einer Wette verbringt Dana allein die Nacht zwischen keltischen Ruinen. Dort erscheint ihr der Geist der Kriegerin Rionach, die Dana bittet, in die Vergangenheit zu reisen, ihren Tod zu rächen und ihre Familie zu beschützen. Nur jemand wie Dana, die keltische Wurzeln hat und über magische Kräfte verfügt, ist dazu fähig. Zunächst lehnt Dana das Anliegen ab, da sie keine Kriegerin ist und sich vor dem, was sie in dieser wilden Ära erwartet, fürchtet, doch Rionachs Wunsch lässt ihr keine Ruhe.

Schließlich kehrt Dana zum „Feenturm“ zurück, wird von Rionach unterwiesen und reist zweitausend Jahre in die Vergangenheit. Die Geschichte, die sich die beiden Frauen für Dana ausgedacht haben, sichert ihr die Freundschaft von Rionachs Angehörigen. Sie verliebt sich in den jungen Drostan, der ihre Gefühle erwidert, doch als sie sich erneut in seine Zeit begibt, ist er im Kampf gefallen.

Dieser Verlust veranlasst Dana, sich von Ardan, Rionachs Witwer, zur Kriegerin ausbilden zu lassen, denn sie möchte Drostan rächen. Außerdem hat sie noch Rionachs Bitte zu erfüllen: Sie soll den Druiden Domech, der Rionachs Tod verschuldet hat, töten und die kleine Mael, Ardans und Rionachs Tochter, in die Gegenwart bringen. Doch Domech weiß mehr, als Dana ahnt, und etwas stimmt nicht…

Diana Gabaldon hat mit ihrer „Highlander“-Saga das Rad nicht neu erfunden, denn schon vor ihr schickten Autoren Menschen des 20. beziehungsweise 21. Jahrhunderts in die Vergangenheit oder Zukunft, in eine andere Dimension oder Welt, und die Liebe zwingt sie dort oft zu einer wichtigen Entscheidung (H. G. Wells: „Die Zeitmaschine“, Robert E. Howard: „Almuric“, Philip José Farmer: „Die Welt der tausend Ebenen“ und so weiter). Diana Gabaldons Bücher haben dem Thema zu neuer Popularität verholfen, so dass eine ganze Flutwelle Romantic-Fantasy-Romane folgten (P. C. Cast: „Tales of Partholon“, Myra McEntire: „Horglass – Die Stunde des Zeitreisenden“, Marliese Arold: „Das Isis-Tor“ etc.).

Aileen P. Roberts schwimmt ebenfalls auf dieser Welle mit, nach „Díonàrah – Das Geheimnis der Kelten“ 1 und 2 und „Weltennebel“ 1 bis 3 mit „Der Feenturm“ bereits zum dritten Mal, und auch die Inhalte ähneln sich. Reisten in dem Zweiteiler zwei junge Archäologen von Irland aus in die Vergangenheit und erweisen sich als die Schlüssel für die Zukunft ihrer neuen Freunde, war es in der Trilogie ein Londoner Student, dessen Schicksal sich in einer magischen Welt erfüllen sollte. Nun ist es eine Urlauberin, die in Schottland durch einen Zauber zwischen den Zeiten wechselt, um das Vermächtnis einer toten Kriegerin zu erfüllen. Nebenbei wird auch immer die Liebe der Autorin zu Pferden in den Büchern deutlich.

„Der Feenturm“ ist ein Roman, aus dem man leicht drei (!) hätte machen können (vielleicht hatte machen wollen?), da Aileen P. Roberts alias Claudia Lössl sehr viel in ihre Geschichte hineinpackt: Drei (!) Männer beeinflussen das Leben von Hauptfigur Dana, einer in der Gegenwart (Marc), zwei nacheinander in der Vergangenheit (Drostan und Ardan). Wie sich Danas Zuneigung zu ihnen und auch ihre Verbundenheit zu Ardans Tochter Mael entwickelt, ist das Hauptanliegen der Autorin, gefolgt vom Leben der Kelten – und erst an dritter Stelle stehen die spannenden Verwicklungen um Rionach, Domech, die Feen und die Kämpfe gegen Feinde, ergänzt durch ein vorhersehbares Familiengeheimnis. Natürlich ist nicht alles so, wie es auf den ersten Blick hin scheint, und so kommt Dana eine noch wichtigere Rolle als die der Rächerin zu. Ihre Aufenthalte im Zeitalter der Kelten sind nicht so haarsträubend, wie man meinen möchte, da sie als Seherin und Heilerin auftritt und als solche von den alltäglichen Arbeiten befreit ist. Das harte Leben der Menschen bekommt Dana nur am Rande mit, versucht aber, ihnen nach bestem Vermögen zu helfen. Erst als sie lernt, das Schwert zu führen, wird sie auch in die Kämpfe hineingezogen, doch sind Metzeleien kein Thema, an dem die Autorin Spaß hat, so dass sich dieser Punkt in Grenzen hält. Rionach, Ardan, seine mögliche Reinkarnation, Mael und Domech sowie einige andere sind noch für kleine Überraschungen im Verwirrspiel gut. Erfahrene Leser erraten allerdings früh, was kommt. Das liegt auch daran, dass bestimmte Schlüsselfiguren recht unsympathisch gezeichnet sind.

Es gelingt der Autorin, alle Fäden sicher in der Hand zu halten und am Ende miteinander zu verknüpfen. Weniger gefällt, dass ihre Charaktere mehr oder weniger dieselbe, manchmal flapsige und, was die Kelten betrifft, zu moderne Ausdrucksweisen haben. Das passt einfach nicht. Einem jüngeren Publikum, das Romantic Fantasy schätzt, dürfte das kaum auffallen, so dass es die vielen Verwicklungen genießen wird. Reiferen Lesern präsentiert sich die Handlung als zu vorhersehbar, das Thema ist zu abgegriffen, und sie stolpern zudem über die kleinen Mankos und Kunstgriffe, dank derer die Geschichte geradlinig dahinfließt.