Michelle Zink: Liebe und Verrat – Die Prophezeiung der Schwestern 2 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 01. August 2012 16:05

Michelle Zink
Liebe und Verrat
Die Prophezeiung der Schwestern 2
(Guardian of the Gate, 2010)
Aus dem Amerikanischen von Alexandra Ernst
Titelgestaltung von Hanna Hörl unter Verwendung von Fotos von CORBIS, Hans Nelemann und Istockphoto.com, Joseph Jean Rolland Dubé
cbj, 2010, Hardcover, 416 Seiten, 17,99 EUR, ISBN 978-3-570-13722-2
Von Irene Salzmann
„Liebe und Verrat“ ist der zweite Band der Trilogie „Die Prophezeiung der Schwestern“. Es empfiehlt sich, den ersten Teil gelesen zu haben, denn obgleich seit Lias Abreise acht Monate vergangen sind und ein relativ abgeschlossener Roman offeriert wird, geht die Handlung nahtlos weiter, und vom Leser wird erwartet, dass er mit den bisherigen Geschehnissen und Charakteren vertraut ist.
Amelia, von allen Lia genannt, weiß nun, dass sie das Tor ist, durch das die Seelen zurück auf die Erde gelangen und an der Seite Samaels gegen die Mächte des Guten kämpfen wollen. Ihre Zwillingsschwester Alice ist die Hüterin, die genau das verhindern soll. Allerdings fügte es das Schicksal, dass jede von ihnen lieber die Aufgabe der anderen hätte, denn Lia möchte das drohende Unheil abwenden und den Fluch brechen, der das Ende der Welt heraufbeschwört, während Alice davon träumt, an Samaels Seite eine neue Ära des Chaos‘ einzuleiten. Beide Mädchen verfügen über Magie, doch hat die skrupellose Alice schon sehr viel früher das Geheimnis um ihre Bestimmung entdeckt, ihre Fähigkeiten trainiert und sich dabei über sämtliche Regeln und Verbote hinweggesetzt.
Lia ist entsetzt, als sie erfährt, wie weit Alice ihr bereits voraus und wie groß der Hass ihrer Schwester ist. Aber es kommt noch schlimmer: Alice bemüht sich um James, Lias Freund, den diese ohne viele Worte in der amerikanischen Heimat zurückgelassen hat, um nach London zu reisen und ihr Schicksal zu erfüllen. Obendrein muss sie erfahren, dass sich unter ihren engsten Vertrauten ein Verräter befindet – doch wer ist es?
Um die fehlenden Seiten der Prophezeiung vor Alice zu finden, begibt sich Lia zusammen mit ihren Freunden auf die gefährliche Reise nach Altus, einer Insel, die nur Eingeweihte zu finden wissen. Auf ihr führen die Schwestern und Brüder ein zurückgezogenes Leben, das sie ganz ihrer Aufgabe, die Prophezeiung nicht wahr werden zu lassen, gewidmet haben. Unterwegs schließt sich der kleinen Gruppe der geheimnisvolle Dimitri an, der sich in Lia verliebt und, um sie zu retten, gegen die Regeln der Grigori verstößt, was nicht ohne Folgen bleiben soll. Lia fühlt sich ebenfalls zu ihm hingezogen und beginnt, den Tag zu fürchten, an dem sie James wiedersieht. Und erneut muss Lia einen Verlust und Verrat verkraften…
„Liebe und Verrat“ erfährt keine Steigerung gegenüber dem ersten Buch. Die Handlung plätschert gleichmäßig dahin, angereichert durch Nebensächlichkeiten und Eifersüchteleien der Marke ‚typisch Mädchen‘, einige Enthüllungen über Lias Angehörige und Freunde sowie romantische Zweisamkeit, die allerdings nie einen bestimmten Punkt überschreitet, schließlich ist der Titel in den USA an young adults adressiert.
Die meiste Zeit befindet sich Lia auf Reisen beziehungsweise auf der Flucht. Immer wieder wird sie von Samael und den Seelen getäuscht, die das Mädchen auf ihre Seite ziehen wollen. Bei einigen Helfern gelingt ihnen das auch, und Lia erlebt so manche Enttäuschung durch Menschen, die sie liebt und denen sie vertraute. Insbesondere für Alice scheint es keine Hoffnung mehr zu geben, da sie für sich Verbote außer Kraft setzte, furchtbare Dinge tat und sich auf Samael eingelassen hat. Was genau sie jedoch unternimmt, bleibt vage und auf wenige Szenen begrenzt – obwohl ihre Aktionen vielleicht interessanter sind als Lias Reise, die Zickenkriege und das Geturtel. Mit Dimitri taucht ein neuer Freund und Love Interest auf, der im Gegensatz zu James die Kraft hat, Lia zu beschützen. Zweifellos wird es im dritten Teil zu einer Konfrontation kommen, die dem Mädchen eine Entscheidung abverlangt. Man weiß genau, wem ihr Herz gehört und für wessen Schicksal sie sich verantwortlich fühlt, insbesondere weil davon auszugehen ist, dass James längst unter Alice‘ Bann geriet. Lia denkt immer weniger an ihn und genießt mit Dimitri die ‚schockierenden Freizügigkeiten‘ (aus amerikanischer Sicht) der Gesellschaft auf Altus.
Wurden schon die Prophezeiung und die Symbole der jüdisch-christlichen Mystik entlehnt, so wird nun gar das Avalon in der Tradition von Marion Zimmer Bradley in Spiel gebracht. Natürlich kann man das Rad nicht neu erfinden, und gerade in der Fantasy wird es immer schwieriger, unverbrauchte Motive einzubinden, aber so unverhohlen wie Michelle Zink muss man sich nun auch wieder nicht bei anderen Autoren bedienen. Das reduziert bloß den Lesespaß, weil man zu schnell Eins und Eins zusammenzählt und die ohnehin geradlinige Story kaum noch Überraschungen bietet.
Darum möchte man „Die Prophezeiung der Schwestern“ lieber jungen Leserinnen im Alter von 13 bis 15 Jahre empfehlen, die sich mit einer etwas kindlichen Protagonistin leicht identifizieren können und bislang nicht viel Fantasy gelesen haben, so dass die Motive für sie noch ‚neu‘ sind.