Young Avengers 8: Der Kinderkreuzzug 2 (Comic)

Allan Heinberg
Der Kinderkreuzzug 2
Young Avengers 8
(Avengers: The Children’s Crusade 5-9, 2011/2012)
Aus dem Amerikanischen von Josef Rother
Titelillustration von Jim Cheung
Zeichnungen von Jim Cheung, Rags Morales, Justin Ponsor
Panini, 2012, Paperback, 124 Seiten, 14,95 EUR

Von Irene Salzmann

Wiccan hat es geschafft, seine und Speeds Mutter in Latveria zu finden, wo sie im Begriff war, Dr. Doom zu heiraten: Scarlet Witch, die als verschollen, vielleicht tot galt, seit sie die Kontrolle über sich und ihre Fähigkeiten verlor, vielen Menschen den Tod brachte und fast alle Mutanten ihrer Kräfte beraubte. Allerdings kann sie sich an nichts davon erinnern, nicht einmal daran, wer sie ist.

Die Young Avengers fliehen vor den Avengers, die Scarlet Witch und Wiccan wegen ihrer gewaltigen Kräfte gefangennehmen, eventuell sogar eliminieren wollen, in die Vergangenheit, hoffend, dass die Bilder der Katastrophe Scarlet Witch’ Erinnerungen zurückbringen. Der Zeitsprung verläuft allerdings nicht wie geplant, denn wider Willen nehmen die Jugendlichen Einfluss auf die Ereignisse und bringen Ant-Man, der damals zu den Opfern zählte, in die Gegenwart zurück.

Scarlet Witch weiß nun wieder, dass sie aufgrund ihres Kummers über den Verlust ihrer Söhne – die in Wiccan und Speed auf magische Weise wiedergeboren wurden – schreckliche Dinge getan hat. Dafür soll sie zur Verantwortung gezogen werden, woraufhin ein Kampf zwischen den Avengers und den X-Men entbrennt, weil beide Gruppen für sich das Recht in Anspruch nehmen, über das Strafmaß zu entscheiden.

Keiner schenkt Scarlet Witch Gehör, die sühnen und den Mutanten ihre Fähigkeiten zurückgeben möchte. Tatsächlich verfügt Rictor von X-Force, der sich als Kandidat für den ersten Versuch zur Verfügung stellte, wieder über seine seismischen Kräfte. Die Situation eskaliert danach in einem Maß, dass Scarlet Witch und die Young Avengers erneut fliehen. Aber ob Dr. Doom wirklich ein zuverlässiger Verbündeter ist, insbesondere wenn es um eine unvorstellbare Macht, die kosmische Lebenskraft, geht?

Der achte und vorerst letzte Band über die Young Avengers bringt die Storyline um das Schicksal der vermissten Scarlet Witch zum Abschluss. Wanda Maximoff hatte ihre Erinnerungen und, wie es schien, auch ihre Kräfte verloren, als sie Zuflucht bei Dr. Doom suchte. Wiccans Suche nach seiner und Speeds Mutter brachte einen Stein ins Rollen, der eine wahre Lawine an Ereignissen von zumeist tragischer Natur auslöste:

Einige Avengers und X-Men würden Scarlet Witch und Wiccan am liebsten töten, damit die beiden mit ihren Kräften keine neuerliche Katastrophe auslösen können wie jene, die zu „House of M“, „M-Day“ und so weiter führte. Um wenigstens einen Teil ihrer Schuld abzutragen, möchte Scarlet Witch den Mutanten ihre Fähigkeiten zurückgeben, doch die Auseinandersetzung zwischen den Avengers und X-Men und schließlich das unglückliche Eingreifen von Patriot vereiteln diesen Plan. Stattdessen erlangt Dr. Doom eine unglaubliche Macht, woraufhin sich die Teams gegen diesen Feind verbünden. Es gibt Tote, eine erstaunliche Wahrheit wird enthüllt – und für die Young Avengers ist erst einmal das Ende gekommen.

Einige Entwicklungen werden Einfluss auf das Marvel-Universum haben wie zum Beispiel die Rückkehr und der Verlust einiger Helden, das Wissen, wer der wahre Verursacher der Katastrophe war, und die Zukunftspläne der Scarlet Witch. Man nimmt nichts vorweg, verrät man, dass sie in Konsequenz nicht getötet wird, doch liegt ein steiniger Weg vor ihr, da sie das verlorene Vertrauen erst wieder zurückgewinnen muss. Allerdings teilte fast jeder der Protagonisten irgendwann einmal dieses Schicksal, denn so mancher von ihnen war Mitglied einer Verbrechergruppe und/oder hat getötet (Magneto, Rogue, Emma Frost, Wolverine, Hawkeye, Wonderman – um nur einige zu nennen).

In die spannende und dramatische Handlung eingebettet sind die unterschwelligen Animositäten zwischen geborenen Mutanten und Menschen, deren besondere Fähigkeiten einen anderen Ursprung als eine genetische Veränderung haben. Vor allem Cyclops kommt schlecht weg, da er unversöhnlich wirkt und die Scarlet Witch ohne viel Federlesen töten will. Selbst Wolverine, der ursprünglich ebenfalls für eine Eliminierung des einstigen Avengers-Mitglieds und von Wiccan stimmte, hält sich nun zurück, zumal er gegenwärtig auf Seiten des anderen Teams steht. Tatsächlich hat sich Cyclops zuletzt zu einem kompromisslosen Hardliner entwickelt, doch selten sah man ihn und die X-Men in ein so negatives Licht gerückt.

Im starken Kontrast zu den heftigen Auseinandersetzungen stehen die freundschaftlichen, familiären und auf Liebe basierenden Beziehungen einiger Protagonisten. Magneto und Quicksilver sorgen sich um ihre Tochter beziehungsweise Schwester, Scarlet Witch kann glücklich die verlorengeglaubten Söhne in die Arme schließen, Ant-Man und seine Tochter Stature werden erst wieder vereint und dann erneut von einem tragischen Verlust getroffen, Rictor und Shatterstar sowie Wiccan und Hulkling dürfen sich als Paare zu erkennen geben. Es kommt sogar zum Kuss (eine entsprechende Szene findet man auch in „X-Factor“ 45), lange ein Tabu im Superhelden-Comic.

Die Zeichnungen sind ansprechend und dynamisch, zudem stimmungsvoll koloriert. Eine gewisse Ähnlichkeit der Gesichter lässt sich nicht leugnen, aber dies trifft auf viele Künstler zu.

Alles in allem ist „Young Avengers“ 8 ein packender, zukunftsweisender Band, den man zusammen mit der Vornummer lesen sollte, um die ganze Geschichte genießen zu können. Nun bleibt nur noch zu hoffen, dass die wirklich gelungene Serie nicht gänzlich von den Autoren und Zeichnern vergessen wird oder die interessanten Mitglieder des Teams wenigstens bei den Avengers mitmischen dürfen.