Celia Friedman: Die Seelenjägerin (Buch)

Celia Friedman
Die Seelenjägerin
(Feast of Souls)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Irene Holicki
Titelillustration von Nicolay Georgiev
Piper, 2009, Paperback, 556 Seiten, 14,95 EUR, ISBN 978-3-492-70134-1 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Prinz Andovan ist krank, und niemand weiß, woran er leidet. Notgedrungen lässt König Danton Magister aus allen Teilen der Welt kommen: Irgendjemand muss doch wissen, was dem jungen Mann fehlt und wie man ihn heilen kann. Tatsächlich kennen die Magister sehr wohl die Ursache für Andovans fortschreitende Schwäche, wagen es jedoch nicht, die Wahrheit zu enthüllen, da sie damit ihre eigene Existenz gefährden würden.

Die Magie, die die Magister anwenden, kostet einen hohen Preis, nämlich die Lebensenergie eines ahnungslosen Menschen, meist eine unbedeutende Person, die dem Magister unbekannt ist. Dass diesmal ein Prinz zufällig zum Opfer wurde, versetzt die Magister in große Unruhe, aber nur kurz, denn Andovan wählt den Freitod, um dem Siechtum zu entgehen.

Während seine Mutter Gwynofar trauert, Magister Ramirus, Dantons Berater, in Ungnade fällt, durch den undurchsichtigen, fremden Magister Kostas ersetzt wird und das Königreich in einem Strudel aus Chaos und Gewalt zu versinken droht, sucht Andovan, der seinen Tod nur vorgetäuscht hat, nach der Person, die an seiner Krankheit schuld ist.

Er findet Kamala, den ersten weiblichen Magister, und sie verlieben sich ineinander. Doch ihr gemeinsames Glück ist kurz, denn Andovan wird von Magister Colivar nach Hause zurückgerufen. Der junge Mann ist vielleicht der einzige, der Danton, der unter Kostas verderblichem Einfluss steht, aufhalten kann. Aber die Gefahr, die dem Reich droht, ist weit größer, als er zunächst ahnt. Ein uralter Feind, den die Menschen besiegt glaubten, ist zurück und mächtiger denn je: die Seelenfresser.

„Die Seelenjägerin“, der Auftaktband der „Magister“-Trilogie, ist ein epischer Fantasy-Roman voller Magie. Dadurch, dass diese von ihrem Anwender einen hohen Preis fordert, wird ein reizvoller Twist in die Handlung gebracht: Hexen und Hexer zehren von ihrer Lebenskraft, wenn sie ihre Macht gebrauchen – sei es zum puren Vergnügen, weil sie um die Folgen zunächst nicht wissen, sei es, weil sie anderen zu helfen versuchen –, und sterben jung. Anders die Magister, die sich der Energie anderer bedienen und dadurch sogar die relative Unsterblichkeit erlangten.

Niemand ahnt davon, denn die Magister hüten dieses Geheimnis seit Generationen, um ihren Status und ihr ewiges Leben nicht zu gefährden; die Menschen würden sie jagen und töten, käme die Wahrheit ans Licht. Entsprechend ernst nehmen sie darum auch das Auftauchen eines Unbekannten, der von Prinz Andovan zehrt. Als wenig später ein Magister einen gewaltsamen Tod erleidet und die Indizien auf eine Frau hindeuten, die Magie anwendete, ihre Spuren aber so gut verwischte, dass ihre Identität weiterhin ein Rätsel bleibt, beginnen die ersten, Zusammenhänge zu vermuten.

Colivar zieht die Existenz eines weiblichen Magisters in Erwägung und damit, dass es nach Generationen erstmals etwas völlig Neues und Faszinierendes gibt. Kamala soll jedoch nicht die einzige Überraschung bleiben: Die Seelenfresser haben sich weiterentwickelt und benutzen Menschen, um ihren Einflussbereich zu erweitern und sich von den Seelen ihrer Opfer zu nähren. Als sie unverhofft angreifen, ist Danton bereits dem Wahnsinn anheim gefallen, Gwynofar, Andovan und Rurick, der Thronfolger, stehen allein auf verlorenem Posten, und die Magister müssen sich eingestehen, dass sie nicht allmächtig sind.

Intrigiert und gekämpft wird an vielen Stellen, doch konzentriert sich die Autorin, damit der Leser die Übersicht behält, auf so viele beziehungsweise wenige Hauptfiguren, wie nötig, und einzelne Nebencharaktere, die wieder verschwinden, nachdem sie ihre Rollen erfüllt haben, oder langsam aufgebaut werden als Handlungsträger für die kommenden beiden Romane, beispielsweise Salvator, der zweite Sohn von Danton und Gwynofar, und die Hexenkönigin Siderea.

Auf diese Weise schafft Celia Friedman Cliffhanger, die neugierig auf den weiteren Verlauf der Geschichte machen, denn wichtige Fragen werden in diesem ersten Teil nicht beantwortet. Zwar wird ein Handlungsstrang zum Abschluss gebracht, so dass man das Buch nach der Lektüre nicht völlig unbefriedigt zur Seite legt, aber wer das Gesamtbild sehen will, muss auch die Bände „Die Seelenzauberin“ und „Legacy of Kings“ (bisher nur auf Englisch) kaufen.

Die Autorin schreibt ausführlich, sie stellt die Charaktere und ihre Weiterentwicklung in den Mittelpunkt und schafft dadurch eine eher mäßig spannende Handlung. Die Protagonisten sind interessant, insbesondere die Magister Colivar und Ramirus, die mehr Weitblick als ihre Kollegen beweisen und weder wirklich ‚gut‘ noch ‚absolut ‚böse‘ sind. Auch wenn sie in erster Linie ihre eigenen Interessen wahren, greifen sie doch oft zugunsten anderer ein, an denen ihnen, obwohl sie seit langem keine persönlichen Beziehungen mehr eingehen, etwas liegt.

Hat man daran mehr Freude als an ausschweifenden Schlachten und schätzt man Bücher wie Tad Williams’ „Der Drachenbeinthron“ oder Raymond Feists „Midkemia“, sollte man der „Magister“-Trilogie eine Chance geben. Sie hat Potential und ist steigerungsfähig.