Steven Savile: Silber (Buch)

Steven Saville
Silber
(Silver, 2010)
Übersetzung aus dem Amerikanischen von Joachim Riefer
Titelbild von Larry Rostant
Cross Cult, 2011, Hardcover, 420 Seiten, 22,90 EUR, ISBN 978-3-941248-38-0 (auch als eBook erhältlich)

Von Frank Drehmel

Auch wenn das Gesamtwerk des 1969 in Newcastle geborenen und in Stockholm arbeitenden Steven Savile deutlich umfangreicher ist – insbesondere im Bereich der Kurzgeschichten –, dürfte er deutschen Lesern vor allem durch seine Franchise-Romane zu TV-Shows und Videogames ein Begriff sein. Mit „Silber“ legt er nun den ersten Band einer eigenen Reihe vor, dessen zweiter Teil – „Gold“ – schon kurz vor der Realisation steht und die die Konzepte weiterer Geschichten zumindest angedacht sind.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht das mysteriöse Ogmios-Team, dessen Handvoll Spezialisten außerhalb der Zuständigkeiten der britischen Geheimdienste – MI5 und MI6 – unter Leitung des alten Sir Charles Windhams Fällen nachgeht, die zu heikel sind, als dass England damit in Verbindung gebracht werden sollte.

Der aktuelle Fall des Teams beginnt morbide und makaber, setzt sich in einem massenmörderischen Fanal fort und wächst sich schließlich zu einer Bedrohung für die gesamte katholische Kirche als Institution aus. In dreizehn europäischen Großstädten begehen dreizehn Menschen zur gleichen Zeit auf öffentlichen Plätzen Suizid durch Selbstverbrennung, wobei elf von ihnen unmittelbar vor ihrer Tat vierzig Tage und Nächte des Terrors verkünden und zwei von ihnen Prophezeiungen ausstoßen, die einen bevorstehenden Anschlag auf das Leben des Papstes nahe legen. Der eigentliche Terror beginnt dann mit einem Sarin-Anschlag in der Berliner Untergrundbahn und setzt sich mit einem Giftanschlag auf die römische Wasserversorgung fort, denen Hunderte Unschuldiger zum Opfer fallen.

Für das Ogmios-Team bedeuten diese Radikalität und Skrupellosigkeit, dass ihnen nur wenig Zeit bleibt, noch Entsetzlicheres zu verhindern. So machen sich vier der Agenten auf getrennte Wege nach Berlin und Glasgow, nach Rom und Israel, während Sir Windham sowie der geniale Hacker Lethe im Londoner Hauptquartier die Stellung halten. Die Spuren führen zwar rasch zu fanatischen Kultisten, die sich auf Judas Iskariot als wahren Messias berufen und die ganz in der Traditionen der Mörder der Sikarier-Bruderschaft stehen, doch der Gegner bleibt schlussendlich nicht nur kontur- und gesichtslos, sondern erweist sich auch als weitaus gefährlicher, als zunächst angenommen, da seine Ressourcen denen der Ogmios-Organisation in nichts nachstehen.

Steven Savile macht dem Leser den Einstieg in den Roman nicht einfach. Insbesondere die Beschreibung des Ogmios-Teams und seiner Hintergründe zu Beginn der Geschichte sind sprachlich wie inhaltlich so unglaublich platt, klischeehaft und stereotyp, dass es zumindest mir beinahe jeden Lesespaß verhagelte. Ein Teil dieser Stereotypien und Klischees verliert sich dann aber etwas während der sich rasant und filmisch entwickelnden Handlung, wobei die Figuren allerdings ein Schwachpunkt der Story bleiben, da es ihnen – mit wenigen Ausnahmen – an Substanz und Tiefe fehlt. Ein zweiter Schwachpunkt ist die nicht nachvollziehbare Motivation der Kultisten und Sektierer. Allerdings relativieren sich diese Schwächen dadurch, dass „Silber“ lediglich den Einstiegsband in eine Roman-Reihe darstellt und somit noch genug Zeit für ausgearbeitete Figuren- und Feindes-Hintergründe bleibt.

Abgesehen von diesen Mängeln ist die Story jedoch äußerst gefällig geschrieben, spannend und – mit ihren Ortswechseln und den recht unterschiedlichen Protagonisten – lebendig inszeniert und wartet mit einem vergleichsweise originellen Ansatz auf, selbst wenn der von der katholischen Mehrheitsmeinung abweichende Blick auf Judas Rolle in Gottes mutmaßlichen Plan nicht ganz brandheiß oder brandaktuell ist. Geschickt eingestreute historische Informationen sorgen für die notwendige Authentizität, die diesen Thriller in der Realität des Lesers verortet.

Ein 19seitiges Interview von Christian Endres mit Steven Saville liefert beachtliche Hintergrundinformationen zu Vita und Werk des Autors sowie zum Roman selbst

Fazit: Ein locker geschriebener Thriller, dem es zwar an Mystery fehlt und der gerade zu Beginn mit sehr vielen Klischees arbeitet, der aber dennoch gut unterhält und auf jeden Fall neugierig auf den Folgeband macht.