Cassandra Clare: City of Fallen Angels – Chroniken der Unterwelt 4 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 03. Dezember 2011 14:43

Cassandra Clare
City of Fallen Angels
Chroniken der Unterwelt 4
(City of Fallen Angels, 2011)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Franca Fritz und Heinrich Koop
Titelillustration von Frauke Schneider
Arena, 2011, Hardcover, 574 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-401-06559-5
Von Carsten Kuhr
Eigentlich schien die Geschichte erzählt. Die Schattenjäger hatten mit Unterstützung von Werwölfen und Hexern die Bedrohung durch Valentin und dessen halbdämonischen Sohn Sebastian endgültig abgewendet, Clary und der von einem Engel wiedererweckte Jace konnten einer glücklichen, gemeinsamen Zukunft entgegensehen. Doch wehe, wenn weder der Autor noch die Leser von ihren Gestalten lassen wollen.
Die Handlung des Auftaktbandes der Folgetrilogie setzt fast nahtlos an die bisherigen Geschehnisse an. Im Zentrum der Abenteuer steht zunächst aber der Daywalker und Jungvampir Simon. Seitdem ihn Clary mit dem Kainsmal gezeichnet hat, ist sein Leben komplizierter geworden. Der von Rafael angeführten Vampirgemeinde von New York will er sich nicht anschließen, sondern eigentlich nur sein ganz normales Leben weiterleben. Wenn man ihn denn ließe.
Mächtige Wesen suchen ihn, Dämonen heften sich auf seine Spur, und sein Hunger nach Blut quält ihn. Als ihn Unbekannte angreifen, bekommen diese die Macht seiner Kains-Rune zu spüren – und werden zu Salz verbrannt. Kein Wunder, dass die uralte Vampirfürstin Camille versucht, ihn an sich zu binden. So lernt er Maias Exfreund Kyle, einen Werwolf kennen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Simon zu schützen. Dann aber mischt sich eine weitere Macht ein, eine Dämonin, die so alt ist wie die Menschheit und die Simons Blut und sein Leben für eine dunkle Beschwörung braucht
Währenddessen plagen Jace Albträume in denen er ein ums andere Mal Clary, seine Liebste, mit dem Messer seines verräterischen Vaters meuchelt. Wer ihm diese Träume eingibt, und was damit bezweckt wird, ahnt er nicht – wenn er es wüsste, würde er sich selbst richten. So aber nimmt das Unheil im wahrsten Sinne des Wortes seinen Lauf…
Nach einem Intermezzo, dem Start ihrer im viktorianischen London angesiedelten „Chroniken der Schattenjäger“, kehrt Cassandra Clare zu ihren Wurzeln zurück. Man mag nun unken, ob wirtschaftliche Gründe dafür sorgten oder ob die Wünsche der vielen Fans die Autorin den Faden neu aufgreifen ließ, schnell taucht der Leser wieder in die Welt der Schattenjäger ein.
Die liebgewonnenen Charaktere nehmen einen sofort wieder gefangen. Die impulsive Clary ist noch immer der streitbare Dickkopf, Jace wartet mit seinem sarkastischen Humor und seiner depressive Ader auf, Isabelle lebt die arrogante Zicke, Alec hat weiterhin Angst davor, Magnus zu verlieren und Magnus wechselt seine Haarfarbe und Kleidung wie andere Leute ihre Unterwäsche. Dazu gesellen sich insbesondere mit Kyle aber auch Camille neue, faszinierende Figuren, wobei letztere noch dazu die Verbindung zu den Chroniken herstellt.
Dass Simon mehr in den Mittelpunkt der Handlung gestellt wird, tut dem Plot gut, auch wenn viele Fans sicherlich Clary als Hauptcharakter nachtrauern werden. Innerlich zerrissen und unsicher, wie er mit der Situation ungewollt zum unsterblichen Vampir gewandelt worden zu sein umgehen soll, erweckt er sofort Mitleid. Sehr gut nachvollziehbar hat die Autorin diesen inneren Konflikt herausgearbeitet. Auf der einen Seite will er sein altes, normales Leben fortsetzen, will seinen Zustand vor seiner Mutter geheim halten, ist aber mit dem Kainsmal geschlagen, das ihm Macht verleiht, auf die er weder vorbereitet war noch die er wollte. Der Hunger treibt ihn, niemand hat ihn auf seine Bedürfnisse vorbereitet oder steht ihm mit Rat zur Seite. Dazu kommt, dass er sich gleichzeitig mit zwei Mädchen trifft, und innerlich hin- und hergerissen ist. Freundschaft oder mehr, wie kann er hier, ohne ihnen weh zu tun oder das Gesicht zu verlieren, einen Ausweg aus seinem Dilemma finden – und weiß er überhaupt, was er fühlt, was er will?
Einen weiteren Schwerpunkt in der recht actionbetonten Handlung nimmt die Beziehung zwischen Clary und Jesse ein. Ihre Liebe zueinander, die Gefühle, nein, der Gefühlssturm, der sie heimsucht, macht ihnen Angst. Sollen, wollen sie miteinander ins Bett oder doch lieber noch warten – die Unsicherheit und nachvollziehbaren Ängste kann der jugendliche Leser sehr gut nachvollziehen und sich selbst in den Gestalten wieder finden. So schreitet nicht nur die Handlung voran, auch die Figuren werden, zusammen mit ihren Lesern älter, erwachsener und plagen sich mit dieser Entwicklung herum.
Das Tempo ist hoch, die Kämpfe packend, die Schicksale ergreifend – ein echter Cassandra Claire eben.