X-Men Sonderband: Namor – Der erste Mutant: Königliches Blut (Comic)

Stuart Moore
Namor – Der erste Mutant: Königliches Blut
X-Men Sonderband
(Namor: The First Mutant 1 – 4: Royal Blood, Part 1-4, 2010/2011)
Aus dem Amerikanischen von Michael Strittmatter
Titelillustration von Jae Lee
Zeichnungen von Ariel Olivetti, Andres Guinaldo u.a.
Panini, 2011, Paperback, 100 Seiten, 12,95 EUR

Von Irene Salzmann

Nach Draculas Tod planen sein Sohn Xarus und dessen Anhänger, sich die Menschheit Untertan zu machen. Doch nicht nur auf dem Land tobt ein mörderischer Kampf, sondern auch unter Wasser. Namors versprengtes Volk wird von vampirischen Meeresbewohnern, den Aqueos, angegriffen.

Als Namor versucht, Draculas abgeschlagenen Kopf zu bergen, damit der Herr der Vampire reanimiert und mit seiner Hilfe das Blatt gewendet werden kann, erkennt er zu spät, dass er in eine gemeine Falle gelockt wurde. Das Blut eines Königs muss fließen, um die Atlanter und damit auch die Menschen zu retten…

Namor ist nicht unbedingt einer der ‚ganz großen Helden‘ – präziser: Antihelden – in den Augen der deutschen Comic-Leser. Zwar hatte und hat er immer wieder Auftritte (zum Beispiel bei den „Fantastic Four“ und den „Defenders“), aber mit seiner eigenen Serie konnte er sich hier nicht durchsetzen. Seit er in jüngster Zeit zu den X-Men stieß, stieg Namors Popularität. Infolge entschloss sich Panini, die Storyline „Königliches Blut“ aus der neuen Reihe „Namor: Der erste Mutant“ als „X-Men“-Sonderband und Tie-in des laufenden Vampir-Crossover zu veröffentlichen. Ob man den Background kennt oder nicht, spielt für das Verständnis keine Rolle, denn die Story kann für sich stehen. Geschildert werden die Vorgänge unter der Insel Utopia: Namor sucht nach dem Kopf Draculas. Die X-Men, die nur geringe Handlungsanteile haben, hoffen, dass der Herr der Vampire sich mit ihnen gegen Xarus verbündet und man anschließend einen Waffenstillstand mit ihm aushandeln oder ihn erneut unschädlich machen kann.

Dieser Aspekt tritt in den Hintergrund zugunsten der Charakterisierung Namors. Er ist ein König, der sein Reich Atlantis, nicht aber seine Arroganz und Würde verloren hat. Obwohl er oft als Feind der Landbewohner auftrat – und trotzdem immer wieder zum Wohle der ganzen Welt agierte –, hat er mittlerweile erkannt, dass sein Volk, die Menschen und die Mutanten zusammenarbeiten müssen, um die zahlreichen Bedrohungen, die ihnen allen gelten, abwenden zu können. Mit seinem Entschluss, eine Allianz mit den X-Men einzugehen, schafft er sich nicht nur Freunde. Die Spannungen unter den Atlantern wachsen, nicht alle wollen ihm länger folgen, manche geben ihm sogar die Schuld daran, dass jetzt so viele Atlanter Opfer der vampirischen Aqueos wurden. Allerdings verlangt Namor nicht nur Gehorsam und Opferbereitschaft von seinem Volk für ‚die größere Sache‘, er selber ist jederzeit bereit, sein Leben zu geben, um andere zu retten.

Stuart Moore ist eine hervorragende Charakterzeichnung des Titelhelden gelungen, der unnahbar, kalt und überheblich wirkt, jedoch einem strengen Ehrenkodex folgt, der sein Verhalten legitimiert. Er sitzt keineswegs auf seinem Thron und lässt andere die Kohlen aus dem Feuer holen, sondern steht in der ersten Reihe, wenn eine gefährliche Mission zu erledigen oder eine Schlacht zu schlagen ist. Was er von anderen fordert, gibt er freiwillig und mehr.

Abgerundet wird die dramatische Erzählung von den faszinierenden, fast schon fotorealistisch anmutenden Illustrationen von Ariel Olivetti, die außerdem sehr schön koloriert wurden, so dass man wirklich den Eindruck hat, die Handlung spiele unter Wasser.

Einige Flashbacks wurden offensichtlich von anderen Zeichnern erstellt, die man seltsamerweise nicht nennt. Dass der Hauptkünstler Unterstützung hatte, bestätigt allein das Cover von Band 4. Vermutlich aus Platzgründen mussten die Titelbilder von Teil 2 und 3 ‚entfallen‘ (eines findet sich als Backcover, das Variant-Cover wurde neben dem Vorwort abgedruckt) – schade, denn die Cover-Galerien sind immer ein schönes Extra.

Alles in allem stellen die ersten vier Teile der neuen „Namor“-Serie einen gelungen Auftakt dar, den man auch ohne große Vorkenntnisse problemlos lesen kann. Die relativ abgeschlossene Storyline ist dramatisch, die Charaktere agieren überzeugend, die Illustrationen sind großartig. Man darf gespannt sein, wie es für Namor weiter geht, vor allem da durch die Interaktion mit den X-Men mehr Abwechslung möglich ist.