Roland – Ritter Ungestüm 4 (Comic)

Francois Craenhals
Roland – Ritter Ungestüm 4
Die gefangene Prinzessin / Der Aufstand des Vasallen / Die Reiter der Apokalypse
(Chevalier Ardent: La Princesse Captive, F 1978, La Révolte du vassal F 1979, Les cavaliers de L’Apocalypse, F 1980)
Titelillustration und Zeichnungen von Francois Craenhals
Aus dem Französischen von Kai Wilksen & Uli Pröfrock
Cross Cult, 2011, Hardcover, 168 Seiten, 29,80 EUR, ISBN 978-3-941248-74-8

Von Christel Scheja

Ritter Roland hat das Ritterbild einer ganzen Generation von jungen Bibliotheksgängern geprägt. Das änderte sich, als die Serie von Carlsen mit dem zehnten Band eingestellt wurde und die deutschen Leser lange Jahre warten mussten, um zu erfahren wie es weiterging – und das gerade an einem spannenden Moment: Denn am Ende jenes Bandes stand der junge unbeherrschte Held vor den Trümmern seiner bisherigen Existenz. Cross Cult bietet jetzt in seinem vierten Band den nahtlosen Übergang von den Carlsen- zu den Feest-Alben.

Nur durch das Ehrenwort zweier Ritter hat Prinzessin Gwendoline, die Tochter König Artus’, Roland auf Rotteck besuchen können. So genießen die jungen Liebenden die wenigen Stunden trauter Zweisamkeit – aber dafür werden sie bitter bezahlen. Unbekannte Männer, die Tiermasken tragen, entführen die beiden zusammen mit dem kleinen Johann aus dem Schloss, denn „Der Hüne von Worms“ will grausame Rache an ihnen nehmen. Nun ist es an der jungen Prinzessin, eine wahre Königstochter zu sein.

Die glückliche Heimkehr hat einen bitteren Beigeschmack, denn als Roland nach Hause zurückkehren will, stellt er fest, dass Artus aus lauter Wut über das Verschwinden seiner Tochter Rotteck hat schleifen lassen. Der junge Ritter schwört daraufhin bittere Rache und wird zum Vogelfreien. Er sammelt andere Entrechtete und Verbannte um sich und wird für die Menschen in Artus’ Land zu einer Art Robin Hood. Denn der alternde König hat sich durch die Einflüsterungen eines neuen Ratgebers in einen Tyrannen verwandelt.

Zwar kann eingelenkt werden, aber ein tiefer Keil ist zwischen den König und seinen ungestümen Vasallen getrieben worden. So stimmt der Monarch auch bedenkenlos zu, als sein Berater vorschlägt, nun Gwendoline und Roland selbst zu entzweien – nicht ahnend, dass er seine eigene Tochter damit in die Arme des Bösen treibt.

Es ist interessant, dass gerade diese Bände mit dem Bild des edlen und gerechten Sagenkönigs brechen und ihn als eifersüchtigen, alternden Mann zeigen, der alles tut, um seine Tochter von dem hitzköpfigen Emporkömmling fernzuhalten. Dass er in diesem Moment auch vom Bösen verführt werden kann, erklärt sich selbstverständlich. Und auch Roland erlaubt sich Dinge, die nicht gerade „ritterlich“ sind, auch wenn er in letzter Konsequenz keinen Unschuldigen oder Schwachen tötet.

Nicht zum ersten Mal, diesmal aber sehr deutlich, wird die Abenteuerhandlungen auch mit phantastischen Elementen vermischt. Roland bewegt sich auf seiner Suche nach Gerechtigkeit und Liebe durch surreale Landschaften, begegnet lebendig gewordenen Albträumen und darf auch einen Blick in die Abgründe der Hölle werfen. Dabei hält sich Craenhals angenehm eng an mittelalterliche Vorstellungen und baut keine Modernismen ein, so dass die Serie ihrem Kontext treu bleibt. Trotzdem die Luft aus den Geschichten, denn gerade Roland scheint aus seinen Abenteuern überhaupt nichts gelernt zu haben, er ist immer noch so stur und unbeherrscht wie am Anfang. Das gibt den Bänden einen negativen Beigeschmack, da man leider doch nur allzuoft voraussehen kann, wie er sich verhalten wird und nimmt der Handlung deutlich an Spannung. Daran können auch die etwas abgedrehten Ideen nichts ändern. Immerhin bleibt Craenhals seiner Prämisse treu, dass Diplomatie und Liebe immer noch über Gewalt triumphieren. Gerade in „Die gefangene Prinzessin“ darf Gwendoline eine aktivere Rolle einnehmen und rettet zur Abwechslung einmal Roland und nicht umgekehrt. Dabei zeigt sie, dass sie durchaus etwas mehr am Hof ihres Vaters gelernt hat. Alles in allem nimmt der Anteil der düsteren Szenen zu und die Bedrohungen werden gefährlichere, so dass sich die Comicserie nun mehr an ältere Leser richtet, die auch schon etwas mit der in die Geschichten eingebundenen Mythologien anfangen kann.

Die Zeichnungen von Craenhals sind auch weiterhin detailreich, optisch sehr ansprechend und durchaus dynamisch, wenn es um Verfolgungsjagden und Kämpfe geht.

Mit den Alben des vierten „Roland – Ritter Ungestüm“-Bandes löst sich die Comicserie nun ganz von den naiven und unschuldigen Bildern der ersten Bände und taucht in eine andere Dimension des Kampfes von Gut und Böse ein. Noch im mittelalterlichen Kontext, aber schon von deutlich phantastischen Elementen durchzogen, wird die Saga immer mehr zur Fantasy, die mit interessanter Mythologie spielt und zeigt, dass auch diese Inhalte zeitlos sind, genau so wie das „Robin Hood“-Motiv. Für jüngere Leser irritierend sein dürfte allerdings, dass Roland nun durchaus auch seine dunklen Seiten zeigt und sich nicht nur edel oder ritterlich verhält.