Kristin Cashore: Die Flammende – Die sieben Königreiche 2 (Buch)

Kristin Cashore
Die Flammende
Die sieben Königreiche 2
(Fire, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Katharina Diestelmeier
Titelgestaltung von Kerstin Schürmann, formlabor unter Verwendung eines Fotos von plainpicture/STOCK4B
Karte von Jeffery C. Mathison
Carlsen, 2009, Hardcover, 510 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 978-3-551-58211-9 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Fire ist eines von vielen Monstern, die in den Dells leben, und das einzige in Menschengestalt. Wer sie sieht, hasst sie zutiefst aufgrund dessen, was ihr Vater einst tat, oder liebt sie innig wegen ihrer Schönheit. In beiderlei Hinsicht ist sie ganz die Tochter ihres attraktiven Monstervaters, der die Menschen nach Belieben manipulieren konnte.

Ihre Gabe will Fire jedoch anders als ihr Vater nicht missbrauchen, es sei denn, es ist dringend notwendig, um ein Unheil zu verhindern. Prompt werden ihre Prinzipien auf die Probe gestellt, denn in King’s City soll sie dem König und seiner Familie helfen, Freund von Feind zu trennen, um ihnen im drohenden Krieg gegen zwei unzufriedene Fürsten einen Vorteil zu verschaffen. Zunächst weigert sich Fire, aber als ihr klar wird, dass König Nash das kleinste Übel ist und er sich um sein Volk sorgt, fällt ihre Entscheidung zu seinen Gunsten aus – aber auch wegen Prinz Brigan, der ihr zunächst unheimlich ist und dem sie schließlich ihr Herz schenkt, als sie ihn besser kennenlernt.

Aber die Gegner wissen um die Gefahr, die von Fire ausgeht. Sie wird entführt und begegnet einem Jungen, der aus einem fremden Land stammt und mit seiner Stimme die Menschen zwingt, ihm zu Willen sein. Auch sie soll seinen eigennützigen Plänen dienen…

„Die Flammende“ ist der zweite in sich abgeschlossene Band aus der Serie „Die sieben Königreiche“. Man muss den ersten Teil nicht kennen, um dem zweiten folgen zu können, da hier neue Charaktere in einem ganz anderen Setting agieren und es keinerlei Bezüge zu der vorausgegangenen Handlung gibt. Immiker, der sich später Leck nennt, ist aufgrund seiner Herkunft das einzige Bindeglied zwischen den Büchern. Ob ihm darüberhinaus eine bedeutende Rolle zukommt, bleibt abzuwarten, da mit mindestens noch einem Roman zu rechnen ist.

Nachdem Immiker/Leck den Prolog beherrschte, ging man davon aus, dass er in der weiteren Handlung ebenfalls eine wichtige Figur sein und Fire begegnen würde. Die beiden treffen tatsächlich unter tragischen Umständen zusammen, aber Lecks Aktionen sind weniger bedeutsam, als erwartet. Ob das so geplant war oder ob sich die Story verselbständigte und Leck nicht mehr zwingend benötigt wurde, weiß die Autorin allein. Denn Fire beherrscht die Geschichte und sticht alle anderen Protagonisten aus, angefangen bei ihrem Jugendfreund Archer bis hin zu ihrem unverhofften Love-Interest Brigan. Nachdem sie jenen Ort verließ, der ihr lange Jahre eine Heimat war, lernt sie viele Menschen kennen und baut Beziehungen auf. Als die Personen ihres Umfelds begreifen, dass sie nicht wie ihr Vater ist, wandeln sich Angst, Ablehnung und Hass in Sympathie, Bewunderung und Freundschaft, sogar Liebe.

Dieser Prozess ist jedoch langwierig und wird von Fire hart erarbeitet, da sie sich immer wieder beweisen muss und will. Verletzungen, Schmerzen und Verluste muss sie verkraften – und akzeptieren, wer beziehungsweise was sie ist und was sie einst tat. Dies wird neben der laufenden Handlung in Rückblenden enthüllt und rundet das Gesamtbild von einer komplizierten, eigensinnigen Hauptfigur ab. Interessant ist auch, dass Fire ein Mann an die Seite gestellt wurde, der sie liebt, dessen Gefühle sie auch erwidert, den sie jedoch nicht heiraten will. Sie lässt ihn in ihr Bett und toleriert zudem seine Affären. Das findet man selten, in Jugendbüchern fast gar nicht, da hier meist auf klare Verhältnisse wert gelegt wird und die Autoren zu vermitteln versuchen, dass ehrliche und tiefe Gefühle füreinander wichtig sind und Sex ohne Liebe nicht glücklich macht.

Etwas seltsam mutet an, mit wie wenig Federlesen ‚die Guten‘ ihre Gegner aus dem Weg räumen, indem sie sich derselben Mittel bedienen: List, Hinterhalt, Verrat und Mord. Freilich werden dadurch unzählige Leben gerettet, die sonst der unvermeidliche Krieg eingefordert hätte, dennoch wirkt die Leichtigkeit, mit der Fire und ihre neuen Freunde töten, befremdlich.

Von daher möchte man den All-Age-Roman auch lieber einem reiferen Publikum empfehlen, dass die Aktionen der Charaktere hinterfragt. Leser und mehr noch Leserinnen ab 15 Jahre werden von dem spannenden Schmöker, der erfreulicherweise eine etwas andere Fantasy-Welt – ohne die sattsam bekannten Elfen, Zwerge, Trolle und Orks – und zudem interessante Protagonisten bietet, bestens unterhalten.