Hannu Rajaniemi: Quantum (Buch)

Hannu Rajaniemi
Quantum
(The Quantum Thief, 2010)
Aus dem Englischen von Irene Holicki
Piper, 2011, Paperback mit Klappenbroschur, 432 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-492-70193-8 (auch als eBook erhältlich)

Von Armin Möhle

„Quantum“ ist der Debütroman des finnischen Autors Hannu Rajaniemi, der dem Klappentext zufolge in Schottland lebt und arbeitet, außerdem wohl auf Englisch schreibt.

Der Roman spielt überwiegend auf dem Mars, aber nicht in der nahen Zukunft. Der Meisterdieb Jean le Flambeur wird aus seinem Gefängnis aus dem Asteroidengürtel befreit. Seine Befreierin, die mit diversen technischen und biologischen Gimmicks aufgerüstete Kämpferin Mieli, bringt ihn auf den Mars (sie verfügt selbstverständlich auch über ein intelligentes Super-Raumschiff). Auf dem Planeten betätigt sich der Kunststudent Isidore Beautrelet nebenberuflich als Detektiv. Jean le Flambeur und Isidore Beautrelet begegnen sich auf der ‚Carpe-Diem-Party‘ des ‚Millenars‘ Christian Unruh – der erste, um zu stehlen, der zweite, um es zu verhindern…

„Quantum“ ist ein sehr detailreicher Roman. Der Mars wird beherrscht von der Oubliette, deren Charakter nicht völlig klar wird. Informationen, Erinnerungen und Privatsphäre sind ein wichtiger und reproduzierbarer Bestandteil der Gesellschaft, ebenso die mehrfache Wiedergeburt ihrer Mitglieder (deren Lebenszeit als Währung gehandelt wird). Außerhalb des Mars existiert noch der Sobornost, der noch rätselhafter bleibt, offenbar aber der Auftraggeber von Mieli ist. Damit einher geht Techno-Babble aus der Quantenphysik, der Informationstechnologie und der Biowissenschaft, und zwar permanent, inklusive futuristischer Kämpfe.

Der Autor zeigt sich als sehr einfallsreich; viele seiner technischen Kreationen erschließen sich dem Verständnis des Lesers allerdings nicht komplett. Das kann freilich nicht nur auf der Nachlässigkeit des Autors, sondern auf seinen Intentionen beruhen.

Die Auseinandersetzungen, in die Jean le Flambeur und Isidore Beautrelet verwickelt werden, rütteln an den Grundfesten der marsianischen Oubliette. Verschiedene Interessensgruppen kämpfen gegeneinander. Das ist ein Standart-Plot, der von dem technischen Brimborium, das der Autor präsentiert, überlagert wird. Jean le Flambeur kehrt zwar zunächst ohne Gedächtnis auf den Mars zurück, kann aber den Plan, den er vor seiner Gefangennahme schmiedete, wieder entdecken, führt ihn aber nicht aus – das erledigt sein Widersacher. Auf die übrige Handlung hat das keine Auswirkungen, ebenso wie einige dialoglastige Kapitel am Ende des Romans.

Es ist nicht auszuschließen, dass „Quantum“ vor allem der persönliche Entwurf des Autors für weit fortgeschrittene Zukunftstechnologien ist, die auf den heutigen beruhen. Allerdings bleibt vieles davon rudimentär und fantasyhaft. Es ist jedoch der einzige Grund, der für die Wahl des Mars als Handlungsschauplatz einleuchtet – ansonsten hätte der Autor jeden x-beliebigen Planeten wählen oder erfinden können. Der Autor hält sich die Option zur Fortsetzung von „Quantum“ offen – vielleicht geben die etwaigen Nachfolgeromane mehr Informationen über die Oubliette, den Sobornost und über die Funktionsweisen der diversen Technologien der „Quantum“-Zukunftswelt preis. Wenn Hannu Rajaniemi das überhaupt will.

Für einen Debütroman ist „Quantum“ passabel. Einen neuen (Autoren-) Stern sieht man mit Hannu Rajaniemi in der Science Fiction aber noch nicht aufgehen. Es ist bedenkenswert, auf eine etwaige preisgünstigere Taschenbuchausgabe von „Quantum“ zu warten.