Neil Gaiman Bibliothek 7: Harlequin Valentine (Comic)

Neil Gaiman Bibliothek 7
Harlequin Valentine
Autor: Neil Gaiman
Illustrator: John Bolton
Übersetzung: Anja Heppelmann
Panini, 2011, Hardcover, 44 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-86201-175-9

Von Frank Drehmel

Wir schreiben den 14. Februar: Valentinstag in einer namenlosen Großstadt! Harlekin schenkt seiner geliebten Missy – seiner Colombina – wortwörtlich sein Herz, indem er es mit einer Hutnadel an ihre Tür heftet und sie anschließend in unsichtbarer Gestalt auf ihrem Weg durch die Stadt begleitet; auf einem Weg, der sie zunächst in die Gerichtsmedizin führt, wo ihr ein dicklicher Mann erklärt, dass es sich bei dem blutigen Etwas, das sie in einer Plastiktüte mit sich trägt, tatsächlich um ein menschliches Herz handelt.

Bevor sich Missy in Harves Restaurant schließlich eben jenes Herz blutig kredenzen lässt und es verspeist, lauert ihr auf ihrem Weg dorthin Harlekin in Gestalt einer alten Frau auf, da sein Sehnen -das Sehnen eines Verliebten – ihn zwingt, Worte an sie zu richten. Nachdem sie das Fleisch verzehrt hat, ist die junge Frau in der Lage, Harlekin zu sehen und eine Forderung an ihn zu stellen, die ihn in eine unerwartete Bredouille bringt.

In „Harlequin Valentine“ überträgt und übersetzt Autor Neil Gaiman einige Elemente der Commedia dell’arte und der englischen Harlekinade, eine eigene, spezifische Spielart des italienischen Originals, in eine moderne Liebesgeschichte. Im Zentrum der Handlung stehen mit Harlekin und Missy als Colombina die beiden zentralen Figuren des Schauspiels, wobei Gaiman deren charakteristische Eigenschaften in seine Story übernimmt: während Harlekin geschwätzig, frivol, begehrend und letztlich auch verschlagen oder zumindest schelmisch daherkommt, ist Missy durchaus selbstbewusst, fordernd, aber auch unbeschwert.

Bedauerlicherweise wirkt die Geschichte, obgleich sie nur knapp 30 Seiten lang ist – Anmerkungen Gaimans machen den Rest aus –, langatmig, geht einem die Schwafel-Attitüde des Harlekin regelrecht auf die Nerven, bleiben darüberhinaus die Figuren und das, was sie treibt, fremd und fremdartig. Lediglich in zwei Szenen ist eine signifikante Spannung spürbar: als Missy geradezu selbstverständlich und beiläufig das menschliche Herz verspeist kommt das einer surrealen Eruption gleich, verflüchtigt sich spätestens hier jeder Hauch von Normalität. Die zweite Szene ist der ganz nette und leidliche originelle Plot-Twist, der aus dem Täter ein Opfer und dann wieder einen Täter macht.

Letztlich bekräftigt der umfangreiche redaktionelle Teil, in dem Gaiman über den Figuren-Hintergrund und die Commedia dell’arte referiert, den Eindruck, dass sich Figuren und Handlung aus der Geschichte heraus nicht wirklich erschließen lassen und daher weitere Erläuterungen notwendig werden. Wäre man böswillig, könnte man das als erzählerisches Armutszeugnis deuten.

Bemerkenswerter als die Story ist das malerische Artwork John Boltons, das zuweilen auf verfremdeten Fotos zu basieren scheint und dem es gelingt, insbesondere das flatterhafte, unbeständige und begehrende Wesen des Harlekin trefflich abzubilden.

Fazit: Eine inhaltlich unspektakuläre und letztlich langweilige Kurzgeschichte, die aber dennoch Fans unter denen finden wird, die jede Arbeit von Gaiman per se als poetisch und tiefsinnig ansehen.