Melissa C. Hill: Evermind - Sie kennt dich (Buch)

Melissa C. Hill
Evermind - Sie kennt dich
Oetinger, 2025, Paperback, 448 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Stellt euch eine Welt vor, in der eine künstliche Intelligenz seit zweihundert Jahren die Geschicke der Leute bestimmt. Immerhin soll sie die Welt gerettet und die Menschheit vor dem Untergang bewahrt haben, als alles den Bach runter ging. MAM ist das „Evermind“ und „Sie kennt dich“ angeblich besser als du dich selbst…

Livia ist eine der Jugendlichen, die nun den Schiedsspruch von MAM erwartet, der über ihr restliches Leben bestimmt. Aber schon bei der entsprechenden Zeremonie ist sie nicht sichtlich begeistert, landet sie doch in einem Bereich, den sie nicht sonderlich mag. Dennoch fügt sie sich in ihre neue Aufgabe als Krankenpflegerin.

Ihre Freizeit verbringt sie in einer virtuellen Realität, um den grauen Alltag zu vergessen. Doch mit der Zeit beschleicht sie das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Denn zum einen behauptet ihre beste Freundin bald, sie nicht mehr zu kennen - und dann ist da auch noch Cassian, der sie immer wieder treffen will. Welches dunkle Geheimnis verbirgt MAM vor ihnen allen?


Der hier vorliegende Roman gehört zu den eher sanften Dystopien. Denn zunächst scheint die schöne neue Welt in Ordnung, weil die KI Frieden schafft und den Menschen viel Denkarbeit abnimmt, auch wenn sie nicht unbedingt auf individuelle Wünsche eingeht und die Freiheit, eigene Gedanken anderen mitzuteilen, einschränkt.

Damit scheinen die meisten Menschen leben zu können, bis auf die Heldin und ihren neuen Freund natürlich. Der geheimnisvolle Cassian führt sie nach und nach in die dunklen Geheimnisse ein, die von der künstlichen Intelligenz vor allen anderen versteckt wird und führt ihr auch vor Augen, wie sehr die Menschen gegängelt werden.

Es bleibt natürlich nicht aus, dass die beiden bald mehr füreinander empfinden, aber die Liebesgeschichte bleibt eher im Hintergrund, dreht sich doch alles mehr um den stillen Kampf gegen MAM, die natürlich auch bald deutlichere Maßnahmen ergreift, um den Widerstand im Keim zu ersticken.

Viele Ideen sind durchaus klassisch, werden aber in einem netten und ungewöhnlichen Kontext präsentiert und wissen damit zu unterhalten und immer wieder zu überraschen, während der Verlauf der Handlung überschaubar bleibt. Die Figuren entwickeln sich ebenfalls weiter, gerade Livia wächst nach und nach über sich hinaus, ohne gleich zu einer Superheldin zu mutieren. Cassian und andere Nebenfiguren bleiben leider etwas zu blass.

Das macht „Evermind - Sie kennt dich“ zu einer netten Dystopie aus dem Young-Adult-Sektor, bietet sie doch alles, was sich Leser ab vierzehn wünschen dürfte: Geheimnisse, Abenteuer, Gefahr und einen Hauch Liebe, der sich angenehm in die Handlung einfügt, aber nicht in den Vordergrund drängt.