Oleksandr Irwanez: Hexenhimmel Berlin (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 10. November 2025 11:53

Oleksandr Irwanez
Hexenhimmel Berlin
Übersetzung: Alexander Kratochvil
edition.fotoTAPETA, 2025, Paperback, 188 Seiten, 18,00 EUR
Rezension von Christel Scheja
Sie sind unter uns, auch wenn die normalen Menschen sie so gut wie gar nicht bemerken. Aber die magische Community führt ein eigenes Leben mit allem, was dazu gehört, leider auch Intrigen und regelrechten Kriegen. So verbindet der ukrainische Autor Oleksandr Irwanez in seinem kurzweiligen Urban-Fantasy-Roman „Hexenhimmel Berlin“ Phantastik mit einem guten Schuss Realität.
Die gebürtige Kyjiwerin Taisia stammt von einer langen Reihe von Hexen ab und setzt deren Tradition fort, wenn auch nicht zuhause, denn sie lebt schon eine ganze Weile in Berlin und hält die Augen auf. Dort wird sie schon bald in einem brisanten Fall verwickelt, der sie nicht mehr ruhen lässt.
Vor ihren Augen wird überraschend ein Mädchen aus der Ukraine entführt, eine junge Hexe, deren Kräfte noch nicht erwacht sind. Eine arrogante russische Diva ist dafür verantwortlich und so setzt Taisia entschlossen alles daran, das Kind nicht nur zu befreien, sondern auch die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
Der Autor macht keinen Hehl daraus, wer für ihn die Guten und wer die Bösen sind, und spielt auf vergleichbare Fälle in der Realität an. Auf der anderen Seite lässt er es sich aber auch nicht nehmen, die magische Community in all ihren Facetten vorzustellen und dabei Berlin zu einem Schmelztiegel für die verschiedenen Gruppen zu machen.
Dabei überspitzt er Klischees wie den in öffentlichen Klos lebenden Vampir, der es auszunutzen weiß, dass er in keinem Spiegel zu sehen ist. Ein liebevolles Ambiente entsteht, das mehr als einmal zum Schmunzeln bringt, denn die Figuren sind nicht nur äußerlich ungewohnt, sondern sind auch Charaktere mit Ecken und Kanten, teilweise sogar Originale, wie der Anführer der magischen Gemeinschaft in Deutschland - der Erlkönig. Zudem spielt die Geschichte auch in Bamberg und Leipzig, garniert mit ein paar sehr interessanten Idee.
Die Handlung selbst ist solide aufgebaut, wenn auch sehr klassisch und damit etwas vorhersehbar. Aber es gibt immerhin ein paar nette Wendungen und Überraschungen, die die Spannung dennoch aufrechterhalten.
Die phantastischen Elemente sind angenehm in die Handlung eingebaut, nicht nur bloßes Setting, sondern manchmal auch Triebfeder. Zudem lässt es sich der Autor nicht nehmen, gut recherchierte mythische und märchenhafte Elemente in die Geschichte einzubauen.
Alles in allem erzählt er die Handlung mit leichter Feder, bringt den Leser immer wieder zum Schmunzeln. Dennoch horcht man manchmal auf und kann, wenn man möchte, auch in die ernstere Ebene dahinter eintauchen. Er baut auch viel von dem ein, was viele Ukrainer derzeit mit sich tragen: das Trauma von Krieg und Flucht, die Angst um die Lieben im Heimatland und die Unsicherheit in einem fremden Land. Und das Buch bietet einen wunderbar anderen Blick auf Deutschland und Berlin.
„Hexenhimmel Berlin“ bietet eine unterhaltsame Mischung aus Urban Fantasy und Thriller, die aber auch mit schrägen Ideen und Humor nicht spart. Auf den zweiten Blick aber kann man in der leichtfüßigen Geschichte um Mythen, Magie und finstere Machenschaften, auch ernstere Wahrheiten entdecken, wenn man das möchte.
Die Geschichte jedenfalls punktet vor allem durch die ungewohnte Sicht auf die märchenhafte Welt der Gruselgestalten und Hexen, aber auch Deutschland selbst. Und verzaubert mit seinen ungewohnten Ideen zu Figuren und Setting.