Jaysea Lynn: For Whom the Belle Tolls (Buch)

Jaysea Lynn
For Whom the Belle Tolls
Hell‘s Bells 1
(For Whom the Belle Tolls - Hell's Bells 1, 2025)
Übersetzung: Michaela Link
Penhaligon, 2025, Hardcover, 848 Seiten, 25,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Lily hatte es nie einfach in ihrem Leben. Mit einer stattlichen Größe von einem Meter achtzig und einem Faible für High Heels trieb sie ihre wechselnden Partnerinnen zur Verzweiflung. Ihr Job in der Dienstleistung - sprich, an der Supermarktkasse - verlangte von ihr mehr Geduld, als einem normalen Menschen in die Wiege gelegt wird. Sie kam gerade so über die Runden, große Rücklagen gab es nicht, als sie die Diagnose metastierender Krebs erhielt.

Die Leidenszeit war hart und kurz. Ihre Familie unterstützte sie zwar mental, aber für eine Chemotherapie hatte niemand Geld. Der Tod war am Ende eine Erlösung.

Wie immer nach dem Ableben fand sich Lily im Reich der Toten wieder. Die Beurteilung wies ihr ihr persönliches Paradies zu - eine veritable Hobbithöhle inklusive Bibliothek, in der die neuen Bücher ihrer verstorbenen Lieblingsautoren und ihr längst verblichener Kater auf sie warteten. Was will man mehr, zumal auch ihre Tattoos wieder zum Vorschein kamen?

Doch Lily ist niemand, die einfach auf ihrem durchaus ansehnlichen Hinterteil sitzen bleibt.

Als sie mitbekommt, wie die Dämonen, die für die Verteilung der Seelen auf die unterschiedlichen Ebenen der Hölle zuständig sind, von unangenehmen „Kunden“ verbal wie physisch angegriffen werden, bietet sie sofort und selbstlos ihre Hilfe an. Den Umgang mit schwierigen Menschen kennt sie aus dem Effeff - und am Heelp-Desk (kein Schreibfehler!) steht ihr ein Baseballschläger zur Verfügung, mit dem sie renitenten Gestalten - etwa Kinderschändern - einbläut, wie man sich zu benehmen hat. Mit ihrem engagierten Einsatz sichert sie sich nicht nur die Dankbarkeit der Dämonen, sondern gewinnt auch neue Freunde - und einen dämonischen Lover…


Vorhang auf für einen Roman, dem der Penhaligon Verlag viel Aufmerksamkeit widmet. Rundumfarbschnitt bei Hardcover-Ausgabe, ein stimmiges Cover-Motiv unter dem Umschlag, der selbst mit einem Cut-out veredelt ist - man hofft, zur Buchmesse mit dieser Novität aufzufallen, Neugier zu wecken und letztlich einen Bestseller zu landen.

Die Autorin, die auf TikTok eine rekordträchtige Follower-Zahl vorweisen kann, präsentiert uns eine Geschichte, die sich flüssig und amüsant liest.

Unsere Mary Sue - eine Protagonistin, der trotz Handicaps alles zufällt - macht sich daran, die Nachwelt mittels ihrer Tatkraft aufzumischen. Ein wenig Romantik, viel Herzblut und Gefühle vermitteln den Leserinnen und Lesern jede Menge gefühlvolle Ereignisse. Immer wieder streut sie dabei lustige Szenen ein, alles liest sich nett und unterhaltsam.

Zu konstatieren ist allerdings auch, dass die Figuren sehr oberflächlich gezeichnet sind, die phantastische Kulisse des Totenreiches rudimentär bleibt und der Plot kaum Tiefgang entwickelt. Und, wie dies bei Mary-Sue-Figuren üblich ist, fällt der Erzählerin Vieles ein wenig zu leicht in den Schoß.

Wer also einen vergnüglich und kurzweilig zu lesenden Roman sucht, der eher zufällig im Nachleben spielt, als dass er diese Tatsache ernsthaft nutzt oder thematisiert, wird hier fündig und erhält ein locker verfasstes Werk ohne großen Tiefgang - ideal zum Abschalten nach einem stressigen Tag.