Lisa Rome: Mein neuer geiler NachBar (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 11. Juli 2025 08:41

Lisa Rome
Mein neuer geiler NachBar
Blue Panther Books, 2023, Taschenbuch, 158 Seiten, 12,90 EUR
Rezension von Irene Salzmann
Über die Autorin mit dem Pseudonym Lisa Rome erfährt man, dass sie Jahrgang 1979 ist, mit ihrem Partner in Frankfurt/Main lebt und nach dem BWL-Studium eine Stelle in einer Bank angenommen hat. Das Schreiben diente zunächst als Ausgleich zum anstrengenden Alltag. Auf erste Kurzgeschichten folgte mit „Mein neuer geiler NachBar“ ihr erster Roman bei Blue Panther Books.
Helen und Dennis sind noch nicht lange verheiratet und kinderlos. Die junge, prüde Frau aus gutem Haus hat wenig Ahnung von Sex, leidet jedoch unter ihren unerfüllten Bedürfnissen. Tatsächlich musste ihr Mann dem Schwiegervater versprechen, die Tochter immer wie eine Dame zu behandeln und seine Gelüste anderswo zu befriedigen. Dennis kann sich damit arrangieren, denn Helen ist gar nicht sein Typ und eigentlich nur von Reiz wegen des Familien-Unternehmens, das eines Tages an ihren Gatten und später an die gemeinsamen Nachkommen übergehen wird.
Eine unverhoffte Gelegenheit erlaubt es Helen, aus ihrem goldenen Käfig auszubrechen. In einer Schrebergarten-Anlage lernt sie den attraktiven Australier Tom, der Verwandte besucht, kennen - was für ein Mann! Er fackelt auch nicht lange, nimmt sich, was er will, und gibt Helen, was sie braucht. Obschon sie verheiratet und ihr klar ist, dass die heimlichen Treffen nicht von Dauer sein werden, kreist ihr Denken fortan allein um den vitalen Liebhaber.
Der Familie fällt natürlich auf, dass sich Helen verändert. Plötzlich gibt sie ihrer Mutter Widerworte und hat keine Zeit für ihre Freundin Laura. Dafür kann es bloß eine Erklärung geben: Der ersehnte Erbe ist unterwegs…
Es ist nichts Neues, dass Blue Panther Books mitunter eine eigenwillige Schreibweise bei manchen Titeln wählt, um sie doppeldeutig wirken zu lassen oder das Frivole zu betonen. Was jedoch durch „Mein neuer geiler NachBar“ ausgedrückt werden soll, bleibt ein Rätsel, denn die Ereignisse spielen sich ausschließlich im Schrebergarten ab, der nur mit dem Auto zu erreichen ist; ein Wortspiel kann man auf Anhieb nicht erkennen.
Die Story und ihre Figuren wahren Distanz zum Leser. Man wird nicht warm mit ihnen, da sie wenig sympathisch erscheinen, jeder in seiner eigenen Welt lebt, egoistische Pläne verfolgt, den eigenen Genuss ausleben will und nicht wirklich darüber nachdenkt, was im anderen vorgeht.
Helen und Tom treffen sich regelmäßig zu tabulosem Sex. Der Verführer zeigt kaum Einfühlungsvermögen und drängt ohne Zögern die Unerfahrene bis zum Äußersten, statt sie behutsam in die verschiedenen Praktiken einzuführen. Umso seltsamer mutet es daher an, dass sich Helen gehorsam auf Spielarten wie Anal und Fisting einlässt. Was Tom Spaß bereitet, soll auch Helen gefallen; mit Zuckerbrot und Peitsche bringt er sie dazu, ihm zu Willen zu sein, wofür er sie mit grandiosen Orgasmen belohnt.
Zwar entwickeln beide Gefühle füreinander, doch wirkt Dennis wie eine letzte Grenze, die keiner übertreten will, um aus der Affäre mehr werden zu lassen. Ahnungslos und unbeirrt hält dieser an seiner ehelichen Routine fest, obwohl auch er die Veränderungen bemerkt. Seine Wünsche abseits von Vanilla-Pflicht-Sex erfüllt ihm eine dominante Geliebte, derweil er geduldig auf den Tag der Firmen-Übernahme wartet, weshalb man für ihn kein Mitleid verspürt wegen Helens Seitensprung.
Warum und wie die beiden ungleichen Menschen überhaupt zusammenkamen, wird nicht weiter ausgeführt und die Hauptschuld für das Nebeneinander Helens Eltern angelastet. Das Paar ist zu gehemmt, um einander seine Wünsche zu offenbaren. Aus Angst, abgewiesen zu werden, schweigen sie, was genausowenig hilfreich ist wie zu viel zu reden.
Tom könnte das Zünglein an der Waage werden. Sollte er eine ernsthafte Beziehung mit der leidenschaftlichen Helen erwägen, mag ein Wort genügen, dass sie alles hinter sich lässt und ihm folgt. Denn was hält sie an der Seite des farblosen Dennis und unter der Fuchtel ihrer Eltern? Vermag er überhaupt, sich auf die neue Helen einzulassen und ihre leidenschaftlichen Bedürfnisse zu stillen, die ein anderer in ihr erst richtig erweckt hat?
Man hat den Eindruck, als ginge es der Autorin allein um die grafischen Schilderungen, die gewiss nicht jedermanns Geschmack sind. Die Handlung liefert lediglich den dünnen Rahmen, der die Treffen von Tom und Helen verknüpft und den Ausbruch aus einer wenig erfüllenden Ehe legitimiert. Wem das genug ist, der kommt vielleicht auf seine Kosten. Stellt man höhere Erwartungen an den Plot, die Charakter-Entwicklung, die Dialoge und eine stimmungsvolle Aufbereitung, die einen mitnimmt - es wäre mehr drin gewesen -, wird man mit einem anderen Titel womöglich besser beraten sein.