Yasmin Shakarami: Sturmflirren (Buch)

Yasmin Shakarami
Sturmflirren
Titelbild: Max Meinzold
cbj, 2024, Paperback, 364 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Schon in „Tokioregen“ hat Yasmin Shakarami bewiesen, dass sie fremde Kulturen mit viel Liebe und Feingefühl zum Leben erwecken kann, und das ist auch in ihrem neuesten Roman „Sturmflirren“ nicht viel anders. Zum Teil fließen diesmal auch persönliche Erfahrungen aus dem Verwandtenkreis mit ein.


Rea kam bisher mit allem ganz gut zurecht, aber inzwischen scheinen ihr die Aktivitäten in und außerhalb der Schule über den Kopf zu wachsen. Ob nun Prüfungen, Theaterproben oder gar Fahrstunden, immer mehr geht daneben. Und dann wird ihr Vater auch noch nach Katar versetzt, um dort für den diplomatischen Dienst zu arbeiten.

Jetzt hängt das junge Mädchen völlig durch und möchte sich erst gar nicht mit dem fremden Land und seiner noch fremderen Kultur beschäftigen. Bis zu dem Moment, in dem sie nicht nur junge Frauen kennenlernt, die ihren Weg gefunden haben, um den strengen Regeln zu entkommen, sondern auch noch einen jungen Mann namens Shabah…


Wieder einmal erzählt Yasmin Shakarami keine einfache Liebesgeschichte, sondern erlaubt den Leserinnen durch die Erlebnisse ihrer Heldin Rea in die fremde und vor allem für Frauen von strengen Regeln bestimmte, arabische Welt einzutauchen. Dabei nutzt sie das Wissen und die Erfahrungen ihrer iranischen Verwandten und deren Freunde.

Denn auch wenn es strenge Gebote gibt, wie sich vor allem junge unverheiratete Frauen in der Öffentlichkeit zu benehmen haben, so gibt es doch auch genügend, gerade aus den oberen Schichten, die ihren Weg gefunden haben, um zumindest ein gewisses Maß an Selbstbestimmung zu haben - und wenn es darin besteht, verbotene Partys mit Alkohol in der Wüste zu feiern oder illegale Autorennen zu fahren.

Rea lernt diese Mädchen kennen und lernt durch die orientalische Lebensart auch besser, mit sich zurechtzukommen. Und nicht zuletzt ist da Shabah, der sie schon bald mehr hinterfragen lässt als üblich.

Das Buch versucht so nahe wie möglich an der Wirklichkeit zu bleiben und deutlich zu machen, dass das Leben in den arabischen Ländern facettenreicher ist als man denkt, auch wenn man dafür vielleicht Gefängnis und Gewalt in Kauf nehmen muss. Es ist ein lebendiges Plädoyer, die jungen Menschen in Katar und anderen arabischen Ländern zu unterstützen, damit sie sich endlich auch selbst verwirklichen können. Und dabei deutlich macht, dass längst nicht alle Menschen im Orient einen sittenstrengen religiösen Kurs fahren, sondern auch sehr liberal sein können.
Die Liebesgeschichte ist da eine nette Dreingabe, zudem noch mit einem netten Twist, der am Ende mit Rea und ihren Freunden regelrecht mitfiebern lässt. Denn auch wenn die Ich-Erzählerin anfangs etwas überdreht wirkt, so macht sie im Verlauf der Handlung doch eine sehr interessante Wandlung durch, die sie dem Leser ans Herz wachsen lässt.

„Sturmflirren“ ist ein weiterer spannender Roman von Yasmin Shakarami, der diesmal in die arabische Welt entführt und dort vom alltäglichen Leben junger Frauen erzählt, die sich trotz der sittenstrengen Regeln ihre Freiräume zu schaffen wissen.