Graham Masterton: Das Bildnis des Bösen (Buch)

Graham Masterton
Das Bildnis des Bösen
(Picture of Evil (auch veröffentlicht als Family Portrait, 1985)
Übersetzung: Hans Schund
Titelbild: Arndt Drechsler-Zakrzewski
Festa, 2024, Hardcover, 538 Seiten, 36,99 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Es beginnt in Belgien: Eine junge Amerikanerin steigt als Anhalterin bei einem offensichtlich vermögenden, älteren Gentleman in dessen Limousine. Auf dem Familienschloss aber erweist sich die Occasion, umsonst in die nächste Großstadt mitgenommen zu werden, als schwerer Fehler. Ihr wird von eben jenem Herrn bei volle, Bewusstsein ihre gesamte Haut abgezogen.

Ortswechsel nach New York, eine Galerie: Vincent Pearson, ein Kunsthändler, und ein Familienporträt der Grays, das im Lagerraum der Galerie langsam zerfällt.

Vincents Großvater hat dem Enkel vor seinem Ableben intensiv gebeten, das Bildnis nie wegzugeben - das Wohlergehen der Familie hänge davon ab. Zwar glaubt der Händler nicht an den angedeuteten Fluch, aus Respekt aber hält er sich an die Anweisung; bis eines Tages eine laszive Dame in der Galerie aufschlägt und das Bildnis unbedingt erwerben möchte.

In der Heimat unseres Kunsthändlers, in Connecticut, tauchen derweil immer mehr Leichen auf, denen man fachmännisch und unter vollem Bewusstsein ihre Epidermis, die gesamte Haut also, abgezogen hat; ein Serienkiller, das weiß die Polizei, doch wer und warum, das steht in den Sternen.

Wir ahnen, dass diese Ereignisse miteinander in Verbindung stehen, dass ein dunkles Geheimnis darauf wartet, vor unseren Augen offenbart zu werden.


Graham Masterton gehört zu den allseits anerkannten Großmeistern des modernen Horror-Romans. Über die Jahrzehnte hat er uns tolle Bücher geschenkt, von denen so einige auch ihren Weg in den Festa Verlag fanden. Damit nicht genug, ist der neuen Vorschau des Festa Verlages zu entnehmen, dass für 2025 ein ganzer Schwung neuer Masterton-Titel bei dem Verlag, in dem Lesen zur Mutprobe wird, in Vorbereitung sind.

Vorliegend präsentiert uns der Herausgeber in der „Pulp Legends“-Reihe, ganz dem Label der Reihe folgend, wieder einen älteren Roman des Briten.

Unser Verfasser erweist offensichtlich und gewollt Oscar Wilde seine Referenz. Er lässt sich vom Bildnis des Dorian Gray inspirieren und entwickelt aus diesem Thema dann seinen eigenen, umfangreichen Roman.

Man darf das Alter (1985 erstveröffentlicht) ins Kalkül ziehen, wenn es um die Anspielungen und Verweise auf die Kunst-Szene, auf Verhaltensweisen und Trends im Buch geht. Diese präsentieren uns demzufolge ein Zeitzeugnis.

Dies hindert das Werk aber wahrlich nicht daran, uns spannend in seinen Bann zu ziehen.

Masterton ist selten ein Autor, der mit grellen Schockbildern, mit blutigem Gemetzel oder plakativer Gewalt arbeitet. Seine Handlung fußt auf den Beziehungen seiner Figuren zueinander, der Suche nach der Auflösung des oder der Rätsel und schlicht dem Überleben der Hauptfiguren. Dies ist vorliegend, auch wenn es im Verlauf des Romans viel Blut und Gewalt gibt, nicht anders.

Dabei aber gelingt es ihm scheinbar mühelos, uns in seinen Plot zu ziehen, uns mitfiebern und mitleiden zu lassen ob der Geschehnisse und der sich anbahnenden Katastrophen.

So ist dies trotz der Länge ein Roman, den ich auf einen Rutsch durchgelesen habe. Der Handlungsbogen ist straff, die Figuren interessant, die Rätsel fesselnd - was will man mehr? Eine wunderbare Lektüre für einen tristen Herbst-Nachmittag oder -Abend.