Ryan La Sala: Die Honeys (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 13. September 2024 11:08

Ryan La Sala
Die Honeys
The Honeys, 2022)
Übersetzung: Katrin Aust
Titelbild: Shane Rebenscheid
Cross Cult, 2024, Paperback, 430 Seiten, 18,00 EUR
Rezension von Christel Scheja
Ryan La Sala ist ein aktiver Autor, Podcaster und Redner. Er liebt es in seinen surrealen, ein wenig abgedrehten Geschichten vor allem über queere Menschen zu schreiben, denen seltsame Dinge widerfahren. Ein gutes Beispiel dafür ist der frisch erschienene Roman „Die Honeys“.
Mars und seine Schwester Caroline sind immer ein Herz und eine Seele gewesen, auch wenn sie irgendwann eigene Wege gingen. Bis zu dem Tag, an dem die junge Frau völlig verstört aus dem Sommercamp in Aspen zurückkehrt, durchdreht und stirbt. Die seltsamen Umstände lassen Mars allerdings auch in der Trauer keine Ruhe.
Deshalb entschließt sich die genderfluide Jugendliche, selbst nach Aspen zu gehen und herauszufinden, was dort passiert ist. Eine entscheidende Rolle scheinen die Freundinnen in Hütte H zu spielen, die Honeys. Und tatsächlich geschieht bald mehr als sich Mars vorstellen kann, und bringt sie in tödliche Gefahr.
Anders als in Deutschland haben Sommerlager in Amerika eine besondere Bedeutung, dienen sie doch dazu, den Gemeinschaftsgeist der Kinder und Jugendlichen zu stärken, vor allem in einer bestimmten Gruppe. Und das scheint auch hier der Fall zu sein, denn Mars wurde einst ausgeschlossen, weil sie anders war, kann aber nun in Gedenken an ihre Schwester zurückkehren.
Der Autor beschwört zwar auch den Geist dieser Camps herauf, aber auf eine etwas andere Art und Weise, als man denkt. Denn Mars erkennt als Außenseiter durchaus die Beeinflussung, die da geschieht, das Verhalten, das den anderen anerzogen wird und bleibt wie der Leser auf Abstand.
Nach und nach geschehen Dinge, die nicht nur ihn in Angst und Schrecken versetzen, aber erst einmal verschwiegen werden. Doch haben die Honeys, die eingeschworene Gemeinschaft der Mädchen aus Hütte H, wirklich damit zu tun?
Surreal und unheimlich, verstörend und aufrüttelnd setzt der Autor das Geschehen in Szene und enthüllt nach und nach die schreckliche Wahrheit hinter allem. Die Queerness wird zwar gelegentlich erwähnt, spielt aber keine allzu große Rolle und scheint später sogar zu einem Vorteil für Mars zu werden. Auch verzichtet der Autor bewusst auf Genderpronomen, was einfach ist, da er aus der Ich-Perspektive erzählt.
Die Handlung mag auf weiten Strecken eher ruhig sein, das Grauen schleicht sich leise und unheimlich ein, steigert aber auch die Spannung, so dass die Geschichte weit weniger harmlos ist als gedacht.
„Die Honeys“ ist weniger ein Young-Adult-Roman über das Erwachsenwerden inmitten amerikanischer Traditionen als ein ausgewachsener Mystery-Roman mit einem ordentlichen Schuss Horror und Zynismus, der auch ein wenig mit den klassischen Ritualen der Sommercamps abrechnet und am Ende mehr als zu überraschen weiß.