Sarah Rees Brennan: Long Live Evil (Buch)

Sarah Rees Brennan
Long Live Evil
(Long Live Evil, 2024)
Übersetzung: Kerstin Fricke
dtv, 2024, Paperback, 592 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Die in Irland geborene Sarah Rees Brennan ist in Deutschland vor allem durch die Geschichten bekannt, die sie in den „Chroniken der Unterwelt“-Anthologien von Cassandra Clare veröffentlichte. „Long Live Evil“ ist das aktuellste ihrer Jugendbücher, das nun auch in Deutschland erscheint.


Rae weiß, dass sie nicht mehr lange leben wird. Der Krebs ist schon zu weit fortgeschritten. Deshalb träumt sie sich immer wieder gerne in die fiktive Welt ihrer Lieblingsromane und sagt ohne nachzudenken zu, als eine seltsame Frau ihr anbietet, sich in diese zu begeben und damit vielleicht sogar ihr Leben zu retten.

Sie findet sich ausgerechnet im Körper einer Gegenspielerin wieder, die nicht mehr lange zu leben hat und muss sich Einiges ausdenken, um dem Tod nicht nur von der Schippe zu springen, sondern auch die Geschicke der Figuren von nun an so zu lenken, wie sie es für richtig hält.


Sich in die fiktiven Welten einer Buch- oder Filmserie zu träumen, hat Tradition, sonst würde sich auch die sogenannte Fanfiction nicht so großer Beliebtheit erfreuen. Und gerade im fernöstlichen Kulturkreis lebt ein ganzes Genre genau von diesem Aufhänger, Menschen aus der realen Welt in eine andere zu schicken, deren Zukunft sie bereits kennen.

Sarah Rees Brennan folgt dieser Tradition, nachdem sie erst einmal eigene Erfahrungen einer Krebserkrankung in die Geschichte einbaut. Kaum ist ihre Heldin aber in die magische Welt gewechselt geht es ordentlich rund und sie spielt mit all den Erwartungen und Klischees, die viele jüngere Leser aus ihrer eigenen Phantasie kennen dürften.

Mit einem Augenzwinkern setzt sie die Ereignisse in Szene, die sich vor allem in einem Schloss und zwischen den Figuren abspielen. Ein wenig Action und Horror gibt es auch, um der Geschichte Spannung und Drama zu verleihen.

Das wirkt auf den ersten Blick recht unterhaltsam, beginnt aber ungefähr ab der Hälfte zu stocken, denn die Handlung dreht sich stellenweise im Kreis, hängt sich zu sehr an Kleinigkeiten und Spielchen zwischen den Charakteren auf, was der Geschichte viel Fahrt nimmt und ihr nicht gerade guttut.

Die Figuren sind bewusst überzeichnete Archetypen, entwickeln sich aber ansonsten auch nur wenig Profil. Zwar passen sie sich den Veränderungen an und entwickeln sich bis zu einem gewissen Grad weiter, aber es bleibt auch eine deutliche Distanz zum Leser. Es fällt schwer mit den Charakteren warm zu werden, so dass auch Gefühle und Gedanken leider oft aufgesetzt wirken. Oft genug darf zudem auch Kollege Zufall die Handlung vorantreiben.

Alles in allem mag die Geschichte zwar einige nette Wendungen besitzen, verliert aber auch ihren Biss, denn die Autorin hält, was die Moral angeht, natürlich auch gewisse Grenzen ein, die den Jugendschutz nicht verletzen. Außerdem versucht sie natürlich, die Themen mit einzubringen, die im Moment besonders gut ankommen, seien es nun romantische Gefühle zu dem Bad Boy oder aber auch queere Nebenfiguren; aber auch das wirkt eher oberflächlich und zu gewollt. Die Geschichte ist aber immerhin in sich geschlossen, lässt sich jedoch ein Hintertürchen für eine Fortsetzung offen.

„Long Live Evil“ kommt mit einem netten Aufhänger daher, bietet einen augenzwinkernden Blick auf die Fanfiction-Szene und die Phantasien junger Leser, die ihre Lieblingsgeschichten weiterspinnen oder sich selbst in einer der Rollen sehen, verliert sich aber leider mit der Zeit zu sehr in Plänkeleien zwischen den Figuren und damit den roten Faden aus dem Blick. Wen das nicht allzu sehr stört, der wird die parodistisch überzeichnete Geschichte sicherlich unterhaltsam finden, weil sie einige Auswüchse doch recht gelungen, aber liebenswert auf die Schippe nimmt.