Sophie Kim: Die Letzte der Sturmkrallen - Kings and Thieves 1 (Buch)

Sophie Kim
Die Letzte der Sturmkrallen
Kings and Thieves 1
(Last of the Talons, 2022)
Übersetzung: Anne Braune und Susanne Klein
Loewe, 2024, Paperback, 528 Seiten, 17,95 EUR

Rezension von Christel Scheja

In den letzten Jahren hat nach der japanischen auch die koreanische Pop-Kultur die westliche Welt erobert, so dass nun auch die fernöstliche Mythologie mehr Aufmerksamkeit erhält und vor allem von findigen Autorinnen als Hintergrund ihrer klassischen Liebesgeschichten genutzt wird. So wie auch in diesem Fall. „Die Letzte der Sturmkrallen“ ist der Auftakt der Saga „Kings and Thieves“ von Sophie Lim.


Lina ist als Mitglied der Sturmkrallen aufgewachsen und zu einer großartigen Diebin und Assassine geworden. Allerdings muss sie für die Schwarzkraniche arbeiten, seit diese ihren Clan ausgelöscht und ihre kleine Schwester als Geisel genommen haben.

Sie stiehlt eines Tages etwas, was Rui, dem Herrscher der Dokkaebi, lieb und teuer ist, so dass er sie in sein Reich entführt. Allerdings bestraft er sie nicht gleich, sondern gibt ihr eine Chance. Wenn es ihr gelingt, ihn innerhalb von vierzehn Tagen zu töten, dann ist sie wieder frei. Allerdings sind Wesen wie er, quasi unsterblich…


Der Hintergrund mag sich an den fernöstlichen Mythen um Götter, Halbgötter und magischen Wesen bedienen, die Geschichte ist aber relativ klassisch und gerade bei den abenteuerlich-romantischen Fantasy-Geschichten, die sich vor allem an Teenager und junge Erwachsene richten, sehr beliebt.

Tatsächlich dreht sich bald alles um die Herausforderung, die der Halbgott an die sterbliche Heldin stellt und erlaubt es der Autorin, den Hof der Anderswelt genauer vorzustellen. Dabei sorgen wie immer vor allem Hof-Intrigen für Spannung, denn wie man sich denken kann, ist der Herrscher auf seinem Thron nicht so sicher; die Feinde beginnen sich für Lina zu interessieren und sie für sich einzunehmen.

Vorhersehbar ist allerdings auch die Liebesgeschichte, die sich zwischen den vermeintlichen Feinden entwickelt und am Ende natürlich in einem Drama gipfeln, das interessante Geheimnisse enthüllt. Dabei bedient die Geschichte allerdings auch einige Klischees und wandelt auf ausgetretenen Pfaden.

Die Figuren selbst entsprechen den heute so beliebten Archetypen. Auf der einen Seite ist da die scheinbar skrupellose Assassine, die aber letztendlich doch nur ein junges Mädchen mit unsicheren Gefühlen ist, die sie ausbremsen, und damit zu einer idealen Identifikationsfigur für die Zielgruppe macht. Auf der anderen Seite haben wir den typischen dunkel scheinenden Herrscher, der von Anfang an Interesse an der Heldin hat und trotz aller Gnadenlosigkeit ein goldenes Herz besitzt, wenn es darauf ankommt. Dazu kommen einige Nebenfiguren, die allerdings noch weniger charakterisiert werden.

Letztendlich bezieht die Geschichte ihre Spannung aus der sich langsam entwickelnden Liebesbeziehung und den Intrigen, in die beide verwickelt werden. Dadurch verkommt der mystische Hintergrund zu einem reinen Setting für eine Handlung, die durchaus auch in einem anderen Umfeld hätte spielen können.

Immerhin ist der Stil der Autorin flott, es gibt keine Längen, da die Handlung gut durchkomponiert wurde. Allerdings bleibt die magische fernöstliche Fantasy eher schmückendes Beiwerk für eine Liebesgeschichte, die gerade für erfahrene Leser viel zu durchschaubar ist.

„Die Letzte der Sturmkrallen“, der erste Band von „Kings & Thieves“, ist typische New Adult Fantasy, da der interessante mythologische Hintergrund in erster Linie als Setting für eine Liebesgeschichte dient, die bekannten Mustern folgt und auch bei den Hauptfiguren keine sonderlich großen Überraschungen bietet. So kommt die Story für den Genre-Fan nicht über ein solides Mittelmaß hinaus.