Maz Evans: Over My Dead Body (Buch)

Maz Evans
Over My Dead Body
(Over My Dead Body, 2023)
Übersetzung: Helmut Krausser und Beatrice Renauer
Piper, 2024, Paperback, 416 Seiten 16,00 EUR

Rezension von Gunther Barnewald

Dr. Miriam Price ist Klinikärztin in England, hat Haare auf den Zähnen, einen größeren „Feindeskreis“ und ist manchmal dem Alkohol viel mehr zugeneigt, als dies für alle gesund ist, vor allem für sie selbst. So kommt es auch, dass die Dame eines Tages erwacht und sich tot wiederfindet, ohne sich an die letzten Stunden vor ihrem Exitus erinnern zu können.

Im Jenseits erklärt man ihr, dass sie als Ermordete gleich in ihr Leben nach dem Tod gelangen könne, während sie als ungeschickte „Selbstmörderin“ leider noch 50 Jahre warten müsse, bis ihre Zeit auf der Erde abgelaufen sei. Miriam Price ist stinksauer und macht sich auf die Suche nach ihrem mutmaßlichen Mörder, wobei sie bald merkt, dass es hier wohl deutlich mehr Verdächtige gibt als sie eigentlich dachte.

Noch schlimmer ist allerdings, dass nur Menschen, die selbst bald sterben werden, sie sehen und hören können und sie so bei der Suche unterstützen könnten.

Zu ihrem Entsetzen ist ausgerechnet die zickige und schrullige alte Nachbarin, mit der sie in den letzten Jahren einen intensiven Feindschaftskrieg gepflegt hat (beschuldigt Miriam doch diese, ihre geliebte Katze dereinst platt gefahren zu haben), die Einzige, die ihr bei der Suche nach einem Täter helfen kann.


Zwischen Zickenkrieg der beiden Damen und Ermittlung eines mutmaßlichen Mörders pendelt dann im weiteren Verlauf die Geschichte dieses skurrilen Buchs, wobei nie so recht klar wird, was schräger ist: die geschilderten Charaktere oder die Verwicklungen, die sich dadurch ergeben, dass die Protagonisten mehr als ein Rad abhaben. Und wurde der Ärztin überhaupt böswillig der Garaus gemacht, oder hat diese sich nur volltrunken ins Jenseits geschusselt?

Wer humorvolle Bücher in gewisser Schräglage lesen möchte, der sollte hier unbedingt zugreifen. Im Gegensatz zum angestrengt-verkniffenen Flachwitz-Humor eines Carsten Dusse, bei dem jede Pointe auf lustig gequält wird, bis die zusammengebissenen Zähne des verspannten Lesers quietschen, schüttelt Maz Evans ihre Charaktere und Situationen mit großer Lockerheit und sehr souverän aus dem Ärmel.

Dass dabei eigentlich kaum einer der Charaktere wirklich sympathisch wegkommt: geschenkt! Hier ist Schadenfreude oft die schönste Freude! Und dass ausgerechnet die komplizierte Ärztin öfters selbst Opfer ihrer voreiligen und ungerechtfertigten Rachsucht wird (Katzenmörder ist nämlich gar nicht die wehrhafte Nachbarin!), das ist dann auch wieder ein Running Gag, der sich gleich mehrfach wiederholt, weil Dr. Price einfach viel zu oft voreilig und oberflächliche (oder besoffen) Schlüsse zieht.

So zeigt sich, dass nahezu alle Charaktere sowohl positive als auch negative Seiten an sich haben, was dann auch mal wieder der Realität sehr nahekommt.

Insgesamt kein Meisterwerk, aber ein wunderbar ironisches Buch mit einer wirklich witzigen Geschichte, die zwar ganz und gar nicht neu ist (neben ganz vielen Romanen und klassischen Gruselgeschichten denke man auch an die Filme, zum Beispiel aus der „Insidious“-Reihe oder den Klassiker „The Sixth Sense“), wo aber, so wie hier, eher selten aus der Sicht des Verstorbenen erzählt wird (wie in dem Film-Klassiker mit Bruce Willis).

Fast liegt ein Anflug klassischer Hollywood-Filme über der Geschichte (denn früher gab es in den 30er und 40er Jahren mehrere Filme, die davon erzählten, dass Verstorbene zurückkehrten, um wichtige Dinge zu erledigen oder gar etwas aufzuklären). Oft sah man diese aus dem schematisch-christlich dargestellten Jenseits zurückkehren, oft in einen anderen Körper, um der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen. Evans‘ Roman hat hier allerdings mehr Pep und sehr viel Energie, so dass man bis zum Schluss wunderbar schmökern und sich vertiefen kann, bis einem die Lachmuskeln zu Pausen zwingen.

Eine einfach wunderbar schräg-witzige Geschichte!