Catriona Ward: Sundial - Das Haus in der Wüste (Buch)

Catriona Ward
Sundial - Das Haus in der Wüste
(Sundial, 2022)
Übersetzung: Susanne Picard
Festa, 2023, Hardcover, 492 Seiten, 26,99 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Nach außen hin sind sie die ideale Familie; ein verheiratetes Paar, gut situiert, er Professor der Biochemie, sie Lehrerin, dazu zwei Töchter, ein kleines Häuschen in einer Vorortsiedlung - das riecht nach häuslicher Idylle und wahrer Liebe. Das ist aber leider nur das Bild, das nach außen präsentiert wird. Dass Irving ein notorischen Fremdgeher ist, der auch vor Gewalt gegen seine Frau nicht zurückschreckt, das weiß außer eben jener Gattin und vielleicht den Kindern niemand.

Als die Eltern dann entdecken, dass ihre zwölfjährige Tochter Callie mit unsichtbaren Freunden plaudert und Tiere tötet, um deren Knochen in ihre Zeichnungen einzufügen und auch versucht ihre kleine Schwester zu vergiften, um an deren Knochen zu kommen, brennt die Hütte.

Rob beschließt, mit ihrer Tochter in ihre Heimat zu fahren. In Sundial in der Mojave Wüste will sie „in Ordnung bringen, was mit Callie nicht stimmt“ - an einem Ort, in dem verfallene Laborgebäude mit Hundezwingern von einstigen Forschungen berichten und jede Menge Grabsteine von Leid und Tod künden….


Catriona Ward gehört inzwischen zu den Autorinnen, die zusammen mit Kolleginnen und Kollegen dem Verlagsprogramm des Festa Verlags ihren Stempel aufdrücken. Ihre Romane sind beklemmende Bilder einer Realität, wie sie durchaus vorstellbar ist. Es sind die alltäglichen Grausamkeiten, der Hass in der erstarrten Beziehung, in der sich das Paar selbst auf die Schultern klopft, hat man den Kindern doch eine Scheidung erspart, die den Roman zu Beginn prägen. Dass Kinder immer weit mehr von den Konflikten - seien sie unterschwellig oder lautstark, manches Mal gar handgreiflich - mitbekommen, ist eine mittlerweile bekannte Tatsache. Oft wäre ein Ende mit Schrecken für alle Beteiligten, insbesondere die Kinder, weit besser, als ein Schrecken ohne Ende, in dem die Kinder zwischen den Parteien hin und her gerissen werden.

Nach dem Auftakt geht es örtlich wie zeitlich weg von der vorgeblichen Idylle. Wir begegnen der jungen, hoffnungsfrohen Rob, die später „eingemauert und weggeschlossen“ wird. Dieser Gegensatz - einst das Mädchen, die junge Frau, jetzt die ernüchterte, traumatisierte Ehegattin - prägt vordergründig wie auch immer im Hintergrund mitschwingend den Plot. Die Entwicklungen, von denen uns die Verfasserin berichtet, präsentieren uns ein Schicksal, das sehr einfühlsam gezeichnet von der Veränderung einer lebenslustigen Frau berichtet und damit schockiert. Das berührt, das wühlt uns auf, das lässt uns Mitleid empfinden - was es nicht tut: es lässt den Rezipienten nicht kalt.