RJ Barker: Im Sog der Knochenschiffe (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 03. Juli 2023 18:14

RJ Barker
Im Sog der Knochenschiffe
Gezeitenkind-Trilogie 3
(The Bone Ship's Wake, 2021)
Übersetzung: Michaele Link
Panini, 2023, Paperback, 686 Seiten, 20,00 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
72 fuhren auf der „Gezeitenkind“, als Joron Twiner noch deren Schiffsfrau war, nur, dass fahren das falsche Wort ist, lag das Schiff damals doch, heruntergekommen und kaum seefähig, an der Küste im Wasser. Theoretisch kann sich die verurteilte und auf die Schwarzen Knochenschiffe abgeschobene Besatzung, durch herausragende Kämpfe und Heldentaten wieder in die Allgemeinheit zurückkämpfen - ergo von den Toten auferstehen -, doch ist dies seit Generationen auf den Hundertinseln nicht mehr vorgekommen.
Alles änderte sich, als Meas Gilbryn, die Glückliche Meas, an Bord kam und das Kommando übernahm. Unter ihrer Leitung verwandelte sich das bessere Wrack in einen Machtfaktor, befuhr die Wellen und griff entscheidend in die Machtspiele der Völker ein. Joran reifte unter ihrer Ägide zu einem geachteten Deckswahrer und Stellvertreter heran, schloss sogar eine Art Freundschaft mit dem Guillaime.
Mittlerweile ist alles ein wenig anders geworden. Anders im Sinne von interessant - eine schmeichelnde Beschreibung für gefährlich! Meas, die Schiffsfrau, der Joron so viel verdankt ist nicht mehr da, sie wurde entführt, in Jorans Körper verbreitet sich das Gift des Keyshan, die düstere Prophezeiung schwebt auch noch über ihm. Nichtsdestotrotz sucht er als schwarzer Pirat die Lande heim, bevor sie sich aufmachen, die verschleppte Schiffsfrau zu befreien…
Mit diesem Band schließt RJ Barker seine „Gezeitenkind“-Trilogie ab. Ein wenig zu umfangreich wurde sein Dark-Fantasy-Plot, gleichzeitig sorgt dieser aber noch einmal für jede Menge Dramatik, Spannung und letztlich eine in sich stimmige Verbindung der unterschiedlichen Handlungsstränge.
Wie in den ersten beiden Romanen der gefeierten Trilogie besticht der Verfasser mit markanten, interessanten Figuren. Ja, sie alle haben ihre Geheimnisse, die peu a peu gelüftet werden, sie alle durchleben schwere Zeiten, leiden und müssen Entscheidungen treffen, die ihnen wahrlich nicht leicht fallen. Und so Manche von ihnen fahren dabei, ganz realistisch, auch zur Hexe.
Verbunden hat er dies mit einer maritimen Welt, in der Gleichberechtigung etwas Selbstverständliches ist, in der es rau zugeht, in der die Ressourcen der Reiche zu Ende gehen. Neben der Zeichnung des harten, aufopfernden Lebens an Bord nimmt vorliegend die Beschreibung der Landbewohner deutlich mehr Raum ein. Wir lernen deren Denkweisen sowie ihre vielen Rituale kennen, bekommen so einen Einblick in ihre Kultur.
Nicht von ungefähr wirbt Robin Hobb für die Reihe. Auf andere Art als diese und doch ähnlich zeigt uns der Verfasser seine Figuren, die er behutsam aber glaubwürdig fortentwickelt in einer Welt, in der nicht nur die Sonne scheint, in der viele in aller Regel gefährliche, ja lebensbedrohliche Geheimnisse lauern, und die uns Lesende in ihren Bann zieht. So ist diese Trilogie, wenn auch deutlich zu lang geraten, für Leser der dunkleren, realistischeren Fantasy eine Empfehlung wert.