Emilio Salgari: Die Piraten von Malaysia (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 17. Januar 2011 08:59

Emilio Salgari
Die Piraten von Malaysia
(I Pirati della Malesia)
Aus dem Italienischen übersetzt von Jutta Wurm
Titelillustration von Alberto Della Valle
Wunderkammer, 2010, Hardcover, 336 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-93906217-2
Von Carsten Kuhr
Willkommen zum ungeduldig erwarteten dritten Band der Werksausgabe des „Malaysia“Zyklus aus der Feder Emilio Salgaris. Vorliegender Band verbindet die Plots der beiden ersten Teile miteinander. 1891 bis 1893 in verschiedenen Tageszeitungen erstveröffentlicht, verknüpft der Autor hier die Handlung um den Inder Tremal-Naik aus „Die Geheimnisse des schwarzen Dschungels“ mit der „Sandokan“-Saga aus „Der Tiger von Mompacem“.
Sandokan und sein spanischer Freund Yanez machen weiterhin Jagd auf die verhasste englische Kolonialmacht. Sie überfallen Schiffe, suchen nach Schätzen und drehen den sie verfolgenden Truppen nur allzu oft eine lange Nase. Eines Tages treffen sie auf einem geenterten Schiff auf einen aufrechten Kämpfer, dessen Mut ihren Respekt abnötigt. Der Inder Kammamuri berichtet ihnen nicht nur von der Festnahme seines Herren Tremal-Naik, sondern vertraut ihnen auch die depressive Geliebte seines Herrn an. Als Sandokan, der Tiger von Malaysia, die Frau zu Gesicht bekommt, glaubt er zu träumen. Die Frau gleicht seiner getöteten Geliebten frappierend. Der Verwandten seiner vergötterten Geliebten muss geholfen werden. Mit einer Handvoll Getreuer machen sich unsere Helden auf in die Höhle des Löwen. Im Heimathafen James Brooks schleicht Yanez sich, verkleidet als Engländer, am Hof ein. Zunächst scheint die Befreiung zu gelingen, doch dann sieht Sandokan sich der Übermacht der Truppen Brooks gegenüber …
Salgari wird oftmals als „italienischer Karl May“ bezeichnet. Eine Vereinfachung, die aus der Tatsache herrührt, dass er wie sein deutscher Kollege die exotischen Handlungsorte seiner Romane nur aus zweiter, dritter Hand kannte, es aber trotzdem vermochte, seine Leser an die von ihm beschriebenen Orte mitzunehmen. Dennoch tut man Salgari mit dem Bonmot unrecht. War May vornehmlich im Wilden Westen und im Orient zu Hause, so zog es Salgari rund um den Globus. Seine berühmtesten – und nach wie vor lesenswertesten – Romane spielen unstrittig in der Gegend um Indien und Burma. Dabei fallen bestimmte immer wiederkehrende Grundzüge ins Auge. Neben dem gerechten Kampf gegen die despotische Kolonialmacht, die wahre Liebe zu der jeweiligen Angebeteten, die tragisch in Verlust oder Irrsinn endet, und die gelungen Täuschung der Gegner beim Einschleichen am Hof, ist das Gift, das das Opfer in einen todesähnlichen Schlaf versetzt, ein beliebtes und des Öfteren genutztes Topic. Im Zusammenspiel mit der farbenprächtigen Kulisse der grünen Inseln und des blauen Meeres aber ergibt sich ein beeindruckend kräftiges Bild, das den Leser in seinen Bann zieht.
Das erinnert in seinem Schmökerfaktor an Vorbilder wie Alexandre Dumas oder Henry Rider Haggard, stellt den edlen Helden in seinem gerechten Kampf gegen die Obrigkeit in das Zentrum, überrascht durch ein wildes Setting und jede Menge unerwarteter Wendungen und liest sich heute genauso faszinierend und rasant wie bei der Erstveröffentlichung.
Nicht verschweigen möchte ich, dass die Handlung immer eine gewisse destruktive Dramatik auszeichnet, dass Salgari seine Helden nie wirklich triumphieren lässt, sondern immer als letztlich vom Schicksal gebeutelte Wesen zeichnet. Das wirkt so manches Mal depressiv und melancholisch, aber auch einfühlsam und zu Herzen gehend.
Klassische Abenteuerliteratur, die eine Neu- und Wiederentdeckung wert ist!