Yasmine Galernon: Vampirliebe – Schwestern des Mondes 6 (Buch)

Yasmine Galenorn
Vampirliebe – Schwestern des Mondes 6
(Demon Mistress)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Katharina Volk
Titelillustration von Tony Mauro
Knaur, 2010, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 428 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-426- 50345-4

Von Carsten Kuhr

Mein Name ist Menolly d’Artigo, ich bin ein Vampir. Ich bin außerdem halb Mensch halb Fee und arbeite für den AND, den Anderswelt-Nachrichtendienst. Zusammen mit meinen beiden Schwestern, einer Hexe und einer Werkatze, bekämpfe ich Schattenschwinge, einen Dämonenfürsten aus den unterirdischen Reichen, der plant, die erdseitigen Portal zu benutzen, um die Erde und die Anderweit zu erobern. In Seattle haben wir eine neue Heimat und Freunde gefunden, die uns im Kampf unterstützen. Eigentlich hätten wir uns eine Auszeit verdient. Einen ersten General von Schattenschwinge hatten wir ins Nirgendwo geschickt, doch jetzt hat der Oberdämon der unterirdischen Reiche Ersatz geschickt – nicht irgendeinen Ersatz, sondern eine waschechte Lamie!

Damit nicht genug, kommen wir einem von übersteigertem Selbstbewusstsein Jugendlicher beschworenem Dämon auf die Spur. Ein paar Möchtegern-Hexer, eigentlich sind es ja nur Stundeten, haben tatsächlich die Frechheit besessen, durch eine schlampig ausgeführte Beschwörung ein Tor in den Astralebenen zu öffnen. Durch dieses hat der seit Jahrtausenden nicht mehr in Erscheinung getretene Dämon Karsetii, der Dämon der Tiefe, zugriff auf seine Lieblingsspeise – auf Feen-Seelen. Eines der Opfer ist unsere Schwester Delilah …

Auf die Frage „What Sells?“ antworten Medienvertreter seit Jahrzehnten unisono lapidar mit „Sex and Crime“. Das hat sich, egal welches Medium betroffen ist, nie gewandelt. Natürlich ist es in seiner jeweiligen Ausprägung dem Zeitgeschmack und den geltenden Konventionen angepasst, doch Autoren wie Stückeschreiber wissen, dass sie ihren Plot mit entsprechenden Szenen besser an den Mann bringen, als ohne.
Entsprechend hat sich auch die Phantastische Literatur in den letzten Jahren zunehmend der zum Teil plakativen Darstellung des Aktes geöffnet. Bleibt die ferne Zukunft und die mittelalterlichen Bühnen der High-Fantasy bislang davon noch weitgehend verschont, so sind die seit einigen Jahren so angesagten Urban Fantasy-Sagen zum Spielball entsprechender Handlungen geworden. Immer mehr nehmen die Romance-Fantasy-Titel dabei im Buchhandel den Platz ein, der in den vergangenen Jahrzehnten von so genannten Liebesromanen besetzt wurde.
Und die beteiligten Autoren gehen hier durchaus in die Offensive. Die entsprechenden Darstellungen sind oft an der Grenze zur Pornographie, so Manche überschreiten diese Linie, sexuelle Spielarten und Ausrichtungen werden munter gewechselt und kombiniert, so dass auch ja jeder Leser sein Mäntelchen finden kann.
Yasmine Galenorn spielt in diesem Kanon zwar mir, versucht aber die in ihrer Ausführung an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassenden Szenen nicht als Selbstzweck zu offerieren, sondern in einen spannenden Kontext einzufügen. Und das gelingt ihr erstaunlich gut.

Ursprünglich als Trilogie gestartet, hat sich die Reihe um die „Schwestern des Mondes“ zwischenzeitlich in eine Endlosserie gewandelt. Durch den geschickten Schachzug, in jedem Band eine andere der drei Schwestern als Ich-Erzählerin auftreten zu lassen, beugt sie Ermüdungserscheinungen vor und nutzt die gebotene Vielfältigkeit der unterschiedlichen Gaben dazu, ihre Handlung abwechslungsreich und interessant aufzubauen.
Der übernatürliche Kosmos, den sie vor den Augen des Lesers ausbreitet, nutzt geschickt Anleihen bei unterschiedlichen Sagenkreisen, verquickt diese mit der Geschichte einer geplanten Invasion der sich unsere Agentinnen mit Herz und Stilettos tapfer in den Weg stellen.

Vorliegender Roman hatte es zu Beginn nicht leicht. Im vorhergehenden Teil war der Bürgerkrieg in der Anderweit beendet, die Feenhöfe eingerichtet und der General Schattenschwinges getötet worden. So bliebt für unser bezauberndes Trio kaum mehr ein wirklicher Gegner übrig.
Die Autorin musste sich selbst also quasi neu erfinden, Gegner und Bedrohungen aus dem Hut zaubern. Dies braucht ein solides Fundament, und ein solches Zeit und Platz. Insofern liest sich die erste Hälfte des Buches ein wenig behäbiger, als man es von den anderen Titeln gewohnt war. Die liebgewonnenen Gestalten nehmen ihren mittlerweile vertrauten Platz ein, doch der große Gegner bleibt zunächst außen vor.
Mit dem tentakelähnlichen Dämon Karsetii hat Galenorn zudem nicht eben den einprägsamsten Gegner präsentiert. Zu diffus bleibt die Bedrohung, zu sehr verliert die Autorin sich hier in Gemeinplätzen. Das gigantische Wesen mit den vielen Saugarmen, natürlich jeder mit messerscharfen Klingen verziert, das funktioniert nicht wirklich gut.
Später im Roman gelingt es ihr, das Ruder wieder herumzureißen, und doch noch das gewohnte Tempo zu erreichen. Sicherlich aber ist vorliegendes Werk der bislang schwächste Roman, wobei zu berücksichtigen ist, dass hier die Grundlage für die weitere Fortführung der Serie gelegt wird, die dann entsprechend durchstarten kann.