Das Schwarze Auge 117: Kamaluqs Schlund. Stefan Schweikert (Buch)

Stefan Schweikert
Kamaluqs Schlund
Das Schwarze Auge 117
Titelillustration von Arndt Drechsler
Karte von Ralph Hlawatsch
FanPro, 2010, Taschenbuch, 408 Seiten, 10,00 EUR, ISBN 978-3-89064-137-9

Von Christel Scheja

Um eine Rollenspielwelt plastisch zu gestalten, braucht es nicht immer die großen, den Kontinent erschütternden Kampagnen. Manchmal sind es gerade die kleinen Abenteuer, die für Ambiente sorgen und vielleicht sogar Anregung für eigene Runden sind. Dazu zählt auch Stefan Schweikerts Roman „Kamaluqs Schlund“.

Elanora von Wilderklamm hat es nicht gerade einfach. Während ihr Vater und ihre beiden Brüder wieder einmal zu einer Forschungsreise in die undurchdringlichen Dschungel des Südens aufgebrochen sind, muss sie zu Hause bleiben, sich mit lästigen Rivalen und Feinden ihrer Familie herumschlagen und auf ihre Mutter aufpassen, die mit dem einen Fuß im Noionitenkloster, mit dem anderen auf dem Scheiterhaufen steht, da sie offen von sich behauptet, eine Hexe zu sein. Die einzige Stütze ist Canteha, den ihr Vater einmal als Säugling von einer seiner Reisen mitgebracht hat.

Als die Reisenden bereits mehrere Monate überfällig sind, wird Elanora unruhig, denn nun mehren sich die Stimmen, die behaupten, dass Vater und Brüder gar nicht mehr zurückkommen, und ‚wohlmeinende‘ Freunde der Familie raten ihr, diese für tot erklären zu lassen, zu heiraten und so mit einem starken Mann an ihrer Seite Titel und Gut zu sichern. Aber Elanora entscheidet sich dazu, selbst nach dem Rechten zu sehen und bricht zu einer Expedition auf den Spuren ihrer Verwandten auf. Auch wenn die Reise immer beschwerlicher wird, so weigert sie sich doch, sich in der Kleidung den Gegebenheiten anzupassen. In Kleid und Rock durchquert sie den Dschungel, versucht weiterhin ganz Freifrau zu sein. Dennoch ist sie fasziniert von den fremdartigen Kulturen und der neuen Umgebung, die sich ihr erschließen. Mit Respekt und Neugier kommt sie so weit wie ihr Vater und entdeckt dabei eine Wahrheit, die sie sich so kaum erträumt hat.

„Kamaluqs Schlund“ ist ein interessanter Roman, da er sich nicht an historischen Ereignissen festmacht, sondern eine ganz eigene Geschichte fernab von düsterer Magie und Dämonen erzählt. Der Autor gibt offen zu, dass er sich von den Reisen der englischen Lady Mary Kingsley in den afrikanischen Dschungel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat inspirieren lassen, und das merkt man auch dem Buch an.

Auch wenn er deren Erlebnisse nicht kopiert, ist der Roman doch eine Reiseerzählung, die zwar zum Ende hin mit einer hinterhältig angelegten Intrige aufgepeppt wird, aber doch von der Spannung her eher moderat bleibt. Dafür schafft er ein gelungenes Ambiente, das sich ganz auf die Heldin konzentriert, die im Verlauf ihrer Reise nicht nur ihre eigene innere Unruhe stillt, sondern auch die faszinierende Welt der Ureinwohner Meridianas entdeckt und sich mit viel Respekt und Freude sogar mit einigen bedeutsamen Eingeborenen anfreundet. Das sorgt für eine sehr interessante Handlung, die man zudem auch noch flüssig lesen kann, da der Autor Längen vermeidet und immer wieder mit kleinen Überraschungen oder einem Schuss Humor aufwartet.

Damit ist das Experiment ‚Aventurischer Reiseroman‘ mehr als gelungen und dürfte jeden Leser ansprechen, der einmal etwas anderes lesen will als den x-ten Kampf gegen Schwarzmagier und machthungrige Usurpatoren oder Dämonen.