Maddrax 601: Der Tempel, Lara Möller (Buch)

Maddrax 601
Der Tempel
Lara Möller
Titelbild: Néstor Taylor
Bastei, 2023, Romanheft, 68 Seiten, 2,40 EUR

Rezension von Matthias Hesse

Im Dschungel havariert. Mehr als die Hälfte der Expedition auf mysteriöse Weise umgekommen und eine Verrückte im Team. Wenn die Heldengruppe dann noch ein Geheimlabor entdeckt, in dem Menschenversuche durchgeführt werden und in einer Tempelruine auf eine monströse Kreatur trifft sowie ein wundersamer Stein psychaktive Wirkung austrahlt, dann verweist die Zutatenliste auf ein Mystery-Abenteuer, wie man es einem schon aus der schwarz/weißen Frühzeit der Kolportag-Literatur bekannt vorkommt. Da trugen die Jungs noch kurze Hosen und bekamen vom Dorfpastor die Ohren lang gezogen, wenn sie mit ihrem Schundheftchen erwischt wurden.

Doch Lara Möller ist keine Autorin von Vorgestern, ihre Schreibe ist modern, temporeich und frech, absolut auf der Höhe der Zeit. Mit ihrem ersten eigenständigen Roman für die „Maddrax“-Reihe liefert sie einen Pageturner ab, der von seinen Gegensätzen lebt - ohne diese aber wohl wirklich recht altbacken wäre.

Was hier in den Anden gestrandet ist, ist jedoch ein interstellares Raumschiff. Das Wrack eines US-Flugzeugträgers liegt ebenfalls in den Bergen und wird von einer unnahbaren Gemeinschaft bewohnt. Dazu bildet die Erkundung des titelgebenden Tempels mit diamantbesetzten Schädeln und einem faszinierend-furchterregendem Monster in seinem Inneren den maximalen Kontrast. Ein indigener Stamm, wie man ihn eher zur Kolonialzeit geschildert hätte, irritiert ebenfalls - doch auch hier setzt die Redaktion (zum Glück!) ein paar Wegweiser, dass auch hier nichts so ist, wie es scheint. Der Roman endet mit einem Cliffhanger.

Mit einem Detail im Worldbuilding bin ich dann aber doch nicht gleichermaßen glücklich wie mit Spannung, Aufbau und Feeling dieses exemplarischen Dungeon-Crawlers. So ist ein kleiner Wermutstropfen die Tatsache, dass die Figuren überhaupt wissen, dass im Andengebiet, nach dem Kometeneinschlag immerhin Terra incognita, ein Idiom namens Quechua gesprochen wird. Beziehungsweise, um pingelig zu bleiben, vor rund fünfhundert Jahren mal gesprochen wurde. An anderen Stellen im Maddraxiversum ist ja fest etabliert, dass sich die Sprachen mittlerweise stark verändert haben - doch auch das Spanische ist noch gut identifizierbar und kann per Sprachchip mühelos verstanden werden. Hier wird interessantes Handlungspotential schnell abgefrühstückt und meiner Meinung nach allzu leichtfertig aus der Hand gegeben.

Davon abgesehen gelingt Lara Möller mit „Der Tempel“ eine gradlinige Erzählung, die ihre vier Asse - Spannung, exotisches Setting, Humor und Creature Horror - perfekt auszuspielen weiß. Der Roman ist gleichermaßen ein saftiger Köder für Neueinsteiger, wie er mit der Fortschreibung der Rätsel des Vorgängerbandes für Spekulationsstoff sorgt und ordentlich Appetit auf Mehr macht.