Maddrax 599: Endspiel, Ian Rolf Hill (Buch)

Maddrax 599
Endspiel
Ian Rolf Hill
Titelbild: Néstor Taylor
Bastei, 2023, Romanheft, 68 Seiten, 2,40 EUR

Rezension von Matthias Hesse

Basteis Romanheftserie „Maddrax - Die dunkle Zukunft der Erde“ geht in das 23. Jahr ihres Bestehens und schließt zudem ihren 18. Handlungszyklus ab.

Das Jahr 2550 schreiben wir mittlerweile und obwohl die ursprüngliche barbarisch-postapokalyptische Welt nach wie vor als DNA im Zellkern der Reihe existiert, sind im Laufe der Zeit zahlreiche Erzählwelten dazugekommen. Der mysthisch-phantastische Mars beispielsweise, das ferne Ringplantensystem voller SF und Sense Of Wonder oder Afra, dessen überbordendes Worldbuilding der Phantasie eines Terry Gilliam entsprungen sein könnte. All das ließ die Welt des in der Zukunft gestrandeten Air-Force-Piloten Matthew Drax in eine narrative Komplexität hineinwachsen, die nicht immer übersichtlich ist.

Dass das Autorenteam um ihr Mastermind Michael „Mad Mike“ Schönenbröcher dennoch die Zügel sicher in der Hand hat, beweist der Showdown des „Weltenriss“-Zyklus unzweifelhaft. Dass es zwischendurch durchaus den Anschein haben konnte, dem sei nicht so, scheint vor dem Hintergrund von Ian Rolf Hills „Endspiel“ beinahe wie ein gelungener Bluff. Tatsächlich fehlt nicht mehr viel angesichts der Nonchalance, mit der hier ein haarsträubendes 1000-Teile-Puzzle zu einem befriedigendem Ende geführt wird, um von einem Husarenstück zu sprechen.


Der Versuch einer kurzen Zusammenfassung: Im Becken des Victoriasees taucht eine gigantische Stadt auf, die auf beängstigende Weise lebendig zu sein scheint. Sie entstammt einer parallelen Realität, in der jener Komet, der hier die Erde in die Bronzezeit zurückbombte, nicht einschlug, sondern rätselhaft über den Wassern schwebt. Als er schließlich wieder verschwindet, bleibt ein fanatischer Kult zurück, der sich infektiös von Mensch zu Mensch überträgt und nur ein Ziel kennt: einen dunklen Gott mit Lebensenergie zu füttern, aus dessen Herz die Gigantopole wuchert. Die Priester des Kultes sind mit unterschiedlichen Superkräften gesegnet, die sie im Kampf gegen die Spezialeinheit Dark Force, den Titelhelden und die kaiserlichen Truppen einsetzetn.

Als wäre die Weltenrettung an dieser Baustelle nicht schon genug Arbeit, taucht aus den Tiefen des Alls ein alter Feind wieder auf: der Streiter, eine intelligente Wolke kosmischen Staubes, deren Energiehunger alles planetare Leben zum Opfer fällt, das ihm auf seinem Weg begegnet.

Dass der oben erwähnte Komet ein Wandler, also dessen Lieblingsfeind und ebenfalls eine lebende Entität ist, mutet Nichtlesern dann schon recht kompliziert an. Doch es kommt noch dicker: Um den Streiter besiegen zu können, der die Zivilisationen von Erde um Mars bedroht, ist eine Alien-Superwaffe namens Flächenräumer nötig. Um diesen zu beschaffen, beginnt sich ein verflochtenes erzählerisches Räderwerk zu drehen, das sich in diesem Zweifrontenkrieg mit viel interstellarer Diplomatie, Geistreisen, Action und phantasievollen Einfällen um die benötigten Wurmlochgeneratoren, Baumaterialien, Fluggeräten, Man- und vor allem (!) Woman-Power und Waffen kümmert. Zahlreiche altbekannte Figuren und Schauplätze werden reanimiert, spannede neue Heldinnen kommen dazu.


Doch am Ende ergibt alles einen zwingenden Sinn. Selbst Ausflüge, die zunächst überflüssig schienen (es geht um den Laich mutierter Riesenkröten, der die Eigenschaft besitzt, den Geist vor Telepathie abzuschirmen) oder Nebenhandlungen (Vasraa gegen ihr Parallelwelt-Ich) fügen sich als unersetzbare Teilchen in ein Gesamtbild, in dem die eigentliche Identität des Finsteren Herzens preisgegeben wird. Diese ist eine ziemlich raffinierte Überraschung und nicht spoilerfrei wiederzugeben - wohl aber sollte man nicht verschweigen, dass auch der Großteil des Serienpersonals an ein rundes, wenn auch nicht immer glückliches Ende geführt wird. Selbst für einen Routinier wie Ian Rolf Hill dürfte das keine leichte Aufgabe gewesen sein, die ihm aber prima gelingt.

Ein erster Anknüpfungspunkt für den kommenden Zyklus namens „Amraka“ wird ebenfalls gesetzt. Dieser soll laut Bastei sehr einsteigerfreundlich sein - ein Kompliment, dass man dem nun zu Ende gegangenen Kapitel nicht machen kann.