Alan McKenzie: Comicstrips – Alles über die sprechenden Bilder (Buch)

Alan McKenzie
Comicstrips – Alles über die sprechenden Bilder: Schreiben, Zeichnen, Publizieren
(How to draw and Sell Comicstrips, 1987-2005)
Übersetzung aus dem Amerikanischen von Hanne Henniger
Edition Michael Fischer, 2007, Paperback, 144 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 978-3-939817-03-1

Von Christel Scheja

Anders als viele andere Kunstverlage setzt die Edition Fischer nicht nur auf allgemeingültige Ratgeber zum Thema Zeichnen und Malen, sondern gibt auch Werke heraus, die sich mit der fünften Kunst – den Comics – beschäftigen. Es sind Ratgeber von Profis an ihre jüngeren Kollegen und Laien, die ihre Kunst vielleicht auch eines Tages zum Beruf machen wollen, wenn sie den richtigen Ansatz finden. „Comicstrips – Alles über die sprechenden Bilder: Schreiben, Zeichnen, Publizieren“ von Alan McKenzie gehört dazu. Das Buch erlebte seit seiner ersten Auflage 1987 mehrere Überarbeitungen, die auch die neuen Techniken (Computergrafiken) und Publikationsmöglichkeiten (Webcomics) berücksichtigt. Die auf deutsch erschienene Ausgabe greift auf die letzte amerikanische Auflage von 2005 zurück.

Bevor es überhaupt mit den detaillierten Erklärungen zum Schreiben und Gestalten der Geschichten losgeht, bietet Alan McKenzie einen kurzen Überblick zur mittlerweile gut ein Jahrhundert umfassenden Comicgeschichte, die mit kurzen Cartoons in den Tages- und Sonntagszeitungen ihren Anfang nahm in der Zeit zwischen den Weltkriegen und im Zweiten selbst, die erste goldene Zeit erlebte und heute einfach zur Popkultur gehören und nicht mehr wegzudenken sind. Er nennt die wichtigsten Klassiker der entsprechenden Epochen und fasst kurz die wesentlichen Entwicklungen zusammen, zum Beispiel wie die Superheldencomics erst entstanden sind und warum sie nach dem Krieg einen ersten Einbruch erlebten.

Dann folgt eine Übersicht über die Basiselemente. Dazu gehören nicht nur die Werkzeuge, Hilfsmittel und Materialien, sondern auch die Gestaltung der Figuren. Was will man mit einer gezeichneten Person aussagen, wie wirkt sie erst interessant? Und warum werden die Cover oft von darauf spezialisieren Künstlern gezeichnet. Im nächsten Kapitel steht das Storytelling im Vordergrund. Was unterscheidet das Skript eines Comics von einer normalen Geschichte oder einem Drehbuch? Wie gestaltet man eine Story interessant genug? Von den ersten Worten bis zur Aufteilung der Panels geht er auf die klassische Arbeitweise ein, nennt aber auch die Fehler, die man dabei sehr schnell machen kann.

Steht die Geschichte, so folgt das „Zeichnen der Story“. Wie arbeitet man die ersten Entwürfe aus? Was ist beim Tuschen und Colorieren zu beachten? Welche Wirkung erzielt man mit Schatten und Farben? Wie wichtig sind Gesichtsausdruck und Körpersprache, wie auch die Bewegung der Figuren? Das Lettering hat ebenfalls Einfluss auf die Wirkung der Geschichte – allein schon die Größe der Buchstaben kann andeuten, wie laut eine Figur spricht, ob sie zum Beispiel wütend schreit oder verschlagen flüstert. Auch der Vermarktung der eigenen Geschichte ist ein eigenes Kapitel gewidmet, denn selbst wenn Story und Umsetzung stimmen, heißt das noch lange nicht, dass man bei einem Verlag damit unterkommen kann.

Welche Alternativen es heute gibt, um das Werk doch noch publik zu machen und wie man möglichst viele Fehler bei der Bewerbung vermeidet, werden ebenfalls genauer unter die Lupe genommen.

Man merkt schon beim Durchblättern, dass sich der Band an fortgeschrittene Künstler und nicht nur an blutige Laien wendet. Man sollte schon die Grundlagen des Zeichnens sehr gut beherrschen und sich bereits an Comics versucht haben, es sei denn, man ist zufrieden, das Buch nur zu lesen. Hier finden diejenigen, die mehr wissen möchte jedenfalls interessante Tipps und Anregungen, können vielleicht heraus finden, was sie selbst noch falsch machen und daran arbeiten sich zu verbessern. Aus diesem Grund verzichtet der Autor auf Erläuterungen zu Anatomie und Schraffur, zum Aufbau von Körpern und Bewegungsabläufen. Bei ihm steht eher die Wirkung im Vordergrund – wie baut man zum Beispiel eine Duellszene so auf, dass sie auch ohne Worte Action und Dynamik ausstrahlt und mit dem Leser spricht. Gerade der direkte Vergleich zeigt auch ohne weitschweifige Erklärungen sehr genau, was gemeint ist. Jedem Thema widmet Alan Mackenzie ein bis zwei Doppelseiten. Dabei schöpft er immer wieder sehr deutlich aus seinem eigenen Erfahrungsschatz und zeigt auch Entwicklungen im Storytelling der letzten Jahre auf. Denn nicht nur die Technik hat sich verändert – heute wird sehr vieles nicht mehr per Hand gemacht, sondern direkt am Computer, auch die Geschichten sind längst nicht mehr so behäbig und zurückhaltend wie früher.

Alles in allem wendet sich der Autor vor allem an diejenigen, die Abenteuercomics mit Superhelden/Krimi/Fantasy/SF/Horror-Szenarien und nicht nur einfache Cartoons zeichnen wollen, da seine Erläuterungen vor allem darauf ausgerichtet sind. Interessant ist, dass er dabei bewusst den Einfluss der Mangas ausklammert und allein die amerikanische Tradition berücksichtig und nicht die Einflüsse aus Übersee. Was die Vermarktung der Comics angeht, so ist das Buch nur bedingt zu verwenden, da der deutsche Markt doch ein wenig anders als der amerikanische gewichtet ist. Aber gerade wenn man in den Staaten unterkommen will, finden sich sehr interessante Tipps und Hinweise. Und die Anregungen zum Thema Webcomics sind universell verwendbar. Gelungen ist auch die Einbindung der modernen Seite der Comics. Die Tipps für den Umgang mit Computerprogrammen oder die Veröffentlichung im Netz sind sauber eingebunden und wirken nicht nur einfach hinzugefügt.

Das macht „Comicstrips – Alles über die sprechenden Bilder: Schreiben, Zeichnen, Publizieren“ zu einem wichtigen und brauchbaren Handbuch für alle, die spannenden Abenteuer-Comics ohne Manga-Einfluss gestalten wollen, sei es nun als Profis oder als begeisterte Fans. Hier finden sie jedenfalls sehr viele nützliche und aus der Praxis gegriffene Anregungen und Hinweise zur Verbesserung ihrer eigenen Werke. Aber auch der Nur-Leser kann durch das Werk einen Blick hinter die Kulissen werfen und dabei viel über die Arbeitsweise der amerikanischen Profis im Verlauf der letzten Jahrzehnte erfahren.