Svenja Mund: Die Sklavin (Buch)

Svenja Mund
Die Sklavin
Blue Panther Books, 2022, Taschenbuch, 184 Seiten, 12,90 EUR

Rezension von Irene Salzmann

Die namenlose afrikanische Sklavin lebt seit geraumer Zeit in einer deutschen Stadt und bemüht sich, als Reinigungskraft über die Runden zu kommen. Der private Haushalt ist jedoch geizig und mit den Zahlungen stets in Verzug, sodass sie nicht mal die Miete für ihr schäbiges Zimmer pünktlich zahlen kann. Hin und wieder besucht sie eine Kneipe, und wenn sie Glück hat, gibt man ihr das eine oder andere Bier aus, die Männer gehen mit zu ihr und ‚benutzen‘ sie, was ihr das Gefühl gibt, doch nicht ganz so wertlos zu sein, wie sie glaubt. Auch der widerliche Hauswirt ‚bedient‘ sich ihrer regelmäßig für den kleinen Mietaufschub.

Die Sklavin wechselt in einen anderen Haushalt zu einem attraktiven Herrn, der besser zahlt und, wie sie sehr bald herausfindet, spezielle Wünsche hat, genauso wie die Herrin, die ab und zu erscheint. Um ihm zu gefallen, lässt sich die Sklavin demütigen und alles über sich ergehen, was man ihr befiehlt, und selbst Dinge, die sie verabscheut, genießt sie, denn auch nur die geringste Aufmerksamkeit erfreut und erregt sie, denn damit beweist der Herr, dass er sie, dieses wertlose „Fickfleisch“, zur Kenntnis nimmt.


Von Svenja Mund sind bereits einige Titel bei Blue Panther Books erschienen, die nicht ohne sind. Eine nette Geschichte, Romantik, Sex, Happy End nach den gängigen Irrungen und Wirrungen? - Fehlanzeige! Die Autorin will nicht den ausgetretenen Genre-Pfaden folgen, sondern durch drastische Storys und Praktiken, die bei so manchem Leser die Grenzen überschreiten, auf sich und ihre Bücher aufmerksam machen.

Gerade in dem vorliegenden Roman „Die Sklavin“ geht es sehr hart zu, denn die Titelfigur bringt sich selbst keinerlei Wertschätzung entgegen; die Autorin lässt sie von sich selbst auf äußerst erniedrigende Weise denken, sprechen und letztlich handeln. Ihre Peiniger sind weniger die Kneipenbekanntschaften, die ‚lediglich‘ das Angebot akzeptieren, als der Hauswirt, der ihre Not schamlos ausnutzt, und der Herr nebst seinen Mitspielern, die es sogar noch schlimmer mit ihr treiben, obwohl sie eigentlich besser wissen müssten, was sie der jungen Frau antun.

Nun, „die Sklavin“ wünscht diese Behandlung, das ist von Anfang an klar. Sie ist eine Masochistin, die an Sadisten gerät, die sie nicht etwa im Rahmen eines Herr-Sklave-Verhältnis erziehen und dabei ihr Wohl, ihre Bedürfnisse im Augen behalten, sondern sie tatsächlich übel benutzen - was sich alles andere als erotisch, nein, ausgesprochen schockierend liest und vermutlich die Erwartungen der durchschnittlichen Leserschaft auf ein gefälliges Ende nicht erfüllt.

Man darf auch nicht annehmen, dass „Die Sklavin“ gesellschafts- beziehungsweise zeitkritisch angelegt ist - oder gar ‚woke‘-, ‚BLM‘-, ‚PoC‘-Themen inkludiert. Die Namenlosigkeit der Protagonisten macht sie beliebig, die Rollen könnte jeder erfüllen. Dass „die Sklavin“ Afrikanerin ist und die Herrschaften Weiße sind, hat keinen Einfluss auf die Handlung und erfüllt lediglich sattsam Stereotypen. Ob Svenja Mund das unbewusst oder absichtlich gemacht und dann angesichts des heißen Eisens doch den Mut verloren hat, differenziert in die Tiefe des Themas zu gehen und nicht etwa ‚neue, alte‘ Klischees zu bedienen, weiß sie allein.

„Die Sklavin“ ist ein Roman rein für ein Hardcore-Publikum, das mit dirty talking, Erniedrigung, Gewalt, Fäkalien und so weiter keine Probleme hat. Die Autorin schreibt eindringlich und lebendig - doch ihre Schilderungen dürften nicht nach jedermanns Geschmack sein. Wem das zu heftig ist, der findet im umfangreichen Verlagsprogramm von Blue Panther Books zweifellos Titel, die ihm mehr zusagen.