Amy Balton: Wollust - Die Gier nach Sex (Buch)

Amy Balton
Wollust - Die Gier nach Sex
Blue Panther Books, 2022, Taschenbuch, 160 Seiten, 12,90 EUR

Rezension von Irene Salzmann

Bei Blue Panther Books liegen derzeit von der Autorin, die sich Amy Balton nennt, der „Sexual-Ratgeber für Paare“ vor und die Kurzgeschichten-Sammlung „Wollust - Die Gier nach Sex“. Letztere offeriert zehn Storys und eine elfte, „Verbotene Gelüste“, die kostenlos im Internet über den beigefügten Code abgerufen werden kann.


Anne lernt auf einer Ausstellung den attraktiven Henry kennen und wird „Im Atelier vernascht“. Von Anfang an begegnet er ihr mit Zuckerbrot und Peitsche. Einerseits scheint er ihre geheimsten Bedürfnisse zu erraten und befriedigen zu können, dann wieder begegnet er ihr arrogant und kurzangebunden. Dennoch beginnt sie, sich Hoffnungen zu machen, dass sie eine dauerhafte Beziehung führen könnten - bis er die Katze aus dem Sack lässt.
Das Interessante an der Geschichte ist das Spiel mit der Zeit, denn der Leser erfährt früh, dass die Begegnung keine Zukunft hat. Warum, wird Stück für Stück in Rückblenden enthüllt.

Nach einer langen Nacht kann Tanja der Vorlesung kaum folgen. Zu allem Übel hat sie auch noch einen späten Gesprächstermin wegen ihrer Bachelor-Arbeit bei der sie betreuenden Professorin. Nach einem erquickenden Nickerchen am Nachmittag ist sie bereit und landet „Zu Füßen der Professorin“. Eigentlich interessiert sich Tanja nicht für Frauen, doch diese Erfahrung lässt sie nicht kalt.
Hier geht es um Traum und Wirklichkeit sowie um Neugierde und neue Erkenntnisse.

„Einmal Hure und zurück“ bringt nicht, was sich die Protagonistin erhofft, denn so einfach ist es nicht, auf seine Kosten zu kommen, wenn man andere bedienen soll.
Doch nichts ist so, wie es zunächst scheint. Man ahnt es, weil alles recht übertrieben wirkt, und der Auflösungskalauer ist entsprechend müde.

Nicole hat viel Spaß am „Shoppen für die gierige Lust“, vorzugsweise im Sex-Shop, wo sie immer wieder etwas findet, womit sie ihren Partner Jens überraschen kann. Der neue Verkäufer Timo erweist sich nicht nur als guter Ratgeber. Ihr gemeinsames kleines Abenteuer, von dem sie selbstverständlich berichten wird, sollte Jens noch mehr anturnen als die eingekauften Sachen. Eine offene Beziehung mit klaren Regeln bringt dem Paar zusätzlichen Spaß.

Gerade erst hat Elena ihre Ausbildung abgeschlossen, als ihre Firma in Insolvenz geht und sie sich nach einer neuen Stelle umsehen muss. Sie stößt auf eine ansprechende Anzeige und wird tatsächlich genommen. Zwar scheinen ihr die Vorgesetzten fortwährend zweideutig zu begegnen, aber damit hat Elena kein Problem, schon gar nicht als ganz „Versaut – Der Chef ruft zum Diktat“ ihr eigentlicher Job offenbart wird.
Das Klischee von der Sekretärin, die auf dem Schoß des Bosses arbeitet, wird auf die Spitze getrieben.

Manu hat zwei Gesichter. Entweder umgarnt er die Protagonistin auf charmante Weise, oder er tritt als Dom auf: „Unterworfen – Wage nicht mich anzusehen“.
Die Grenze zwischen dem, was Lust bereitet, und dem, was überfordert, kann schnell überschritten werden.

„Die heiße Voyeurin“ beobachtet das Treiben zwischen ihrer Freundin Julia und einer Urlaubsbekanntschaft namens Tim. Wenig später ist es zwischen beiden aus, Tim wendet sich der Voyeurin zu, und sie erlaubt ihm, sich bei anderen das zu holen, was er braucht und sie ihm nicht geben kann. Das bringt ausgerechnet wieder Julia ins Spiel.
Ein Arrangement, das nicht jeden glücklich macht, selbst wenn großzügige Akzeptanz vorgetäuscht wird.

Sabines Tag ist beschissen, denn die Spülmaschine ist kaputt und hat nun eine Überschwemmung verursacht, ohne dass sich Ole, wie er versprochen hat, um den Schaden kümmert. Dann meldet sich nicht etwa der Reparaturdienst, aber „Unerwartet geil - Wenn der Postbote einmal klingelt“, kommt Sabine wenigstens auf andere Gedanken. Pech für Ole. Und nicht nur für ihn.

„Zu schön für einfachen Sex“ ist Stella, die darum einfach nicht den richtigen Partner findet. Viele trauen sich gar nicht erst, sie anzusprechen, und jene, die es tun, erweisen sich schnell als Enttäuschung. Schließlich stellt Stella fest, dass sie sich besser befriedigen kann, als es all die Stümper vermochten, die letztendlich nur an ihr eigenes Vergnügen denken. Warum also einen schlechten Liebhaber ins Bett holen, wenn man für sich selber viel schöner sorgen kann?

Marie und Jochen laden ein befreundetes Paar ein, mit ihnen die Veranstaltung ‚Swing am See‘ zu besuchen. Die vermeintliche Musikveranstaltung entpuppt sich als etwas völlig anderes. Die Freunde verlassen empört das Gelände, doch mit neuen Bekannten probiert man aus, ob „Tabuloser Partnertausch“ Spaß macht.
Jedem Tierchen sein Pläsierchen.


Amy Balton, geboren Ende der 70er Jahre, wohnhaft mit Familie im Frankfurter Raum, siedelt ihre Geschichten ganz gern in der Region an. Sie sagt von sich, dass sie ihre Freude am Sprachgebrauch genauso gern kombiniert mit ausführlichen erotischen Schilderungen von diversen Praktiken wie die Experimente ihrer Charaktere mit persönlichem Fachwissen. Ob dem so ist und der Autorin das überzeugend gelingt, mag jeder Leser selbst beurteilen.

Die in „Wollust - Die Gier nach Sex“ veröffentlichten Storys weisen nur in einigen Fällen Experimental-Charakter hinsichtlich der stilistischen und sprachlichen Mittel auf, hauptsächlich trifft das auf „Im Atelier vernascht“ zu. Danach wird die Aufbereitung konventionell und birgt kaum noch einen ungewöhnlichen Handlungsaufbau oder überhaupt Überraschungen. Die Praktiken werden durchaus detailreich beschrieben, vor allem in „Zu schön für einfachen Sex“. Aber so richtig vom Hocker reißen die Erzählungen den Leser nicht, denn die Themen sind weder neu noch wirklich berührend. Man hat alles in ähnlicher Form bereits gelesen, die Pointen sieht man kommen.

Die Autorin vermag zu fabulieren; man hat den Eindruck, sie bleibt in „Wollust - Die Gier nach Sex“ unterhalb ihrer Möglichkeiten.