Fukushima - Die Chronik einer Katastrophe (Comic)

Fukushima - Die Chronik einer Katastrophe
(Fukushima: Chronique d'un accident sans fin, 2021)
Text: Bertrand Galic
Titelbild und Zeichnungen: Roger Vidal
Weitere Mitwirkung: Christian Blondel
Übersetzung: Martin Knopp
Cross Cult, 2022, Hardcover, 136 Seiten, 25,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Nach Tschernobyl im Jahr 1986 hat wohl die Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011 gezeigt, wie schnell Kernkraftwerke, die eigentlich billig Energie schaffen und die Menschheit voranbringen sollen, auch zu einer Todesfalle werden können und auch noch viele Jahre später Spuren hinterlassen. Und diesmal hat auch die Natur ihren Teil dazu beigetragen.


Zu Beginn des 11. März 2011 ahnt noch keiner, dass das Erdbeben und der nachfolgende Tsunami in der Region Sendai in Japan verheerende Folgen haben kann. In dem größten Kernkraftwerk der Welt gehen die Beschäftigten ihrem Alltag nach und nehmen die Erderschütterungen erst einmal so hin, doch dann folgt ein Schlag nach dem anderen.

Schon bald muss Masao Yoshida, der von den Verantwortlichen in der Firmenzentrale mehr oder weniger allein gelassen wird, immer wieder auf eigene Faust Entscheidungen treffen. Denn nicht nur die Leben seiner Mitarbeiter liegen in seinen Händen, sondern auch ob und wie es gelingt, eine Apokalypse aufzuhalten. Denn wie die anderen im Werk muss er erkennen, dass sie einen wütenden Tiger entfesselt haben.


Was bringt einen westlichen Künstler dazu, einen eigentlich doch eher sachlichen und nüchternen Tatsachenbericht in einen Comic umzusetzen? Vielleicht der Wunsch, die Ereignisse in den ersten fünf Tagen auch für die „normalen“ Menschen verständlicher zu machen und die Seiten zu zeigen, die ein Bericht vermutlich ausklammert: die Gefühle, Gedanken und Ängste der Menschen, die im Werk arbeiten.

Der Werksleiter wird in dieser Zeit zu einem Helden, der die festen Firmenstrukturen durchbricht, auch wenn er weiß, dass ihm das unter Umständen alles kosten kann. Aber das Wohl der Menschen ist ihm in diesem Moment wichtiger, wie auch der Umgang mit den Mitarbeitern zeigt.

Die Geschichte pickt sich Einige näher heraus, um die Ereignisse dramatischer zu machen. Denn wie in einem Film verfolgt man auch als Leser das Geschehen mit atemloser Spannung. Die Zeichnungen sind realistisch, auch wenn sie sich natürlich Blut und Schmutz sparen, aber darauf kommt es auch gar nicht an, wichtiger sind die Emotionen, die man durchaus in Gestik und Mimik der Figuren ablesen kann. Und auch die Farbgebung passt ausgezeichnet ins Bild.

Ergänzt wird das Ganze auch noch durch einen sachlichen Teil, in dem interessante Informationen rund um Fukishima Daiichi und die Firma, die das Werk betrieben hat, zusammengefasst sind, inklusive der Auswirkungen auf die Menschen, die in der Region lebten und natürlich auch das Land selbst. Der rundet die Sache ab.

„Fukushima - Die Chronik einer Katastrophe“ präsentiert einen Tatsachenbericht, der aber gerade durch die emotionale und dramatische Umsetzung Leser besser erreichen kann als noch so detaillierte Sachtexte. Die Graphic Novel lässt einen hautnah spüren und miterleben, was 2011 in Japan passiert ist.