Richelle Mead: Seelenruf – Vampire Academy 5 (Buch)

Richelle Mead
Seelenruf
Vampire Academy 5
(Spirit Bound, 2010)
Aus dem Amerikanischen von Michaela Link
Titelgestaltung von HildenDesign unter Verwendung eines Motivs von Ivan Mladenov/Shutterstock
Autorenfoto von Michael Ort
Lyx, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 430 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8346-9

Von Irene Salzmann

Rose Hathaway ist eine Dhampir. An der „Vampire Academy” wird sie ausgebildet, um eines Tages einem Moroi als Wächter zu dienen. Ihr größter Wunsch ist, ihrer Freundin Lissa Dragomir, mit der sie durch ein psychisches Band in ständiger Verbindung steht, zugeteilt zu werden. Allerdings setzt Rose ihre Zukunft aufs Spiel, als sie beschließt, Dimitri Belkov, ihren Ausbilder und Liebsten, zu erlösen, nachdem er in einen Strigoi verwandelt wurde.

Ihr Alleingang endet anders, als geplant, doch nun schöpft sie wieder Hoffnung, denn es scheint einen Weg zu geben, Dimitri wieder in einen Dhampir zu verwandeln. Zusammen mit Lissa und Eddie Castile wagt Rose eine Verzweiflungstat: Gemeinsam befreien sie Victor Dashkov, der wegen Hochverrats im Gefängnis sitzt. Er ist der Einzige, der Kontakt zu jemandem herstellen kann, der angeblich einen Strigoi gewandelt hat. Mit viel Glück erreichen die drei ihr Ziel, doch dann taucht Dimitri auf und entführt Lissa und Adrian Ivashkov, Roses neuen Freund, um sie zu sich zu locken.

In Begleitung einer größeren Gruppe Wächter findet Rose das Versteck. Nicht nur kann sie die beiden Moroi, die ihr alles bedeuten, befreien – es geschieht auch ein Wunder: Dimitri wird dank Lissas Gabe zum Dhampir. Rose ist überglücklich, doch dann folgt ein Schlag auf den anderen. Dimitri will sie nicht sehen und behauptet, seine Liebe sei erloschen. Die Moroi-Königin wird ermordet aufgefunden, und der Rat will Rose kurzerhand zur Täterin erklären, um die Panik in den Griff zu bekommen. Wird sie schuldig gesprochen, erwartet sie die Todesstrafe...

In „Seelenruf“, dem fünften Band der spannenden Horror-Serie „Vampire Academy“, passiert eine ganze Menge. Die Geschehnisse knüpfen nahtlos an die Ereignisse im vorherigen Roman an und schildern, wie Rose Hathaway, die Hauptfigur, aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird, um den Mann kämpft, den sie liebt – obwohl dieser ein Strigoi ist, der sie töten will. Richelle Mead erlaubt es Rose einmal mehr, einen praktisch undurchführbaren Plan mit viel Glück zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen, dessen Resultat letztendlich alle Hoffnungen der Protagonistin und sicher auch der meisten Leser erfüllt. Das Ganze hat zwar seine dramatischen Höhepunkte und Pannen, wirkt aber sehr simpel und wenig glaubwürdig – aber wie hätte die Autorin den Konflikt sonst auflösen können?!

Drei Teenager decken streng gehütete Geheimnisse ihrer Organisation auf, überwinden alle Sicherheitsvorkehrungen und entführen einen Verräter, der ihnen, ohne Schwierigkeiten zu bereiten, die Informationen beschafft, die sie so dringend benötigen. Zwar kann er entkommen (um in späteren Bänden für Unheil zu sorgen), doch niemand bringt die Jugendlichen mit seinem Ausbruch in Zusammenhang. Auch die Rettung von Dimitri wirkt wie ein Spaziergang im Vergleich zu manch anderen Aktionen. Trotzdem drückt man gern ein Auge zu, denn genau das wollte man ja lesen. Und natürlich gibt es kein Happy End, denn das scheinbare Glück verkehrt sich sofort ins Gegenteil – alles wird noch viel schlimmer: Dimitri ist zwar wieder er selbst, doch anders. Rose könnte Trost bei Adrian, ihrem neuen Freund finden, doch die aktuelle Entwicklung belastet ihre komplizierte Beziehung, so dass diese sich nicht weiter entwickelt. Die verpasste Chance dürfte richtungsweisend für Roses Gefühle sein, falls sie später eine Entscheidung treffen muss. Hinzu kommen politische Umwälzungen, die keiner kommen sah. Die Moroi sind in zwei Lager gespalten, von denen eines an alten Traditionen festhalten und die Wächter als einziges Bollwerk gegen die Strigoi nutzen will, während die andere Gruppe sich dafür einsetzt, dass künftig auch die Moroi gegen die Feinde kämpfen müssen, wollen sie nicht ausgelöscht werden. Die Situation eskaliert durch den Mord an der Königin, der Rose angelastet wird. Ob sie der Todesstrafe entgehen kann, wird erst der nächste Band verraten. Diese Kernhandlung ist mit vielen Details ausgeschmückt, welche die Gesellschaft der Vampire (bestehend aus Strigoi, die relativ unsterblich sind und Menschen töten; Moroi, den langsam alternden, psychisch begabten Blutsaugern, die ihre Spender am Leben lassen; Dhampiren, die halb Mensch, halb Moroi sind und Letztere für die Fortpflanzung benötigen; und Menschen, die von den Vampiren wissen) veranschaulichen und gleichzeitig die Weichen für das Kommende stellen.

„Seelenruf“ ist mehr als die Vorgänger-Romane ein ‚Mittelband‘, der es erforderlich macht, das Buch davor und das danach (den Schlussband) zu lesen, will man wissen, wie es zur aktuellen Situation hat kommen können – und ob es auch diesmal wieder eine Lösung beziehunsgweise ein Happy End gibt.

In „Seelenruf“ findet man Licht und Schatten. Das Buch ist spannend und bietet einige unerwartete Wendungen, die Protagonisten sind interessant und sympathisch, der Stil der Autorin vermag zu fesseln. Leider sind jedoch einige ihrer Problemlösungen zu simpel, und die neuen Konflikte wirken etwas übertrieben, insbesondere Roses Verwicklung in den Mord an der Königin. Der letzte Band wird zweifellos alle Fragen beantworten, und wer der Serie bis hierher folgte, wird ihn nicht missen wollen. Trotz der genannten Mankos wird man von der Reihe vortrefflich unterhalten, denn man kann sich gut in die Figuren hinein versetzen und an ihren Sorgen und Freuden teilhaben. Wer traurig ist, dass das Ende in Kürze vorliegen wird, den tröstet sicher die Information, dass es einen Spin Off geben soll, der diverse Nebencharaktere in den Mittelpunkt rückt.

Alles in allem ist „Vampire Academy“ eine mitreißende Serie für Leser und mehr noch für Leserinnen ab 15 Jahre, die Horror, Urban Fantasy, eine gute Prise Romance und Drama mögen.