Tara Bernado: Ich will es immer noch unanständig! (Buch)

Tara Bernado
Ich will es immer noch unanständig!
Anregende Geschichten für heiße Nächte
Blue Panther Books, 2021, Taschenbuch, 198 Seiten, 12,90 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

In „Ich will es immer noch unanständig!“ bietet Tara Bernado elf „Anregende Geschichten für heiße Nächte“ und über den beigefügten Code eine zwölfte, „Getanzt, Geflirtet, Gevögelt“, die im Internet abgerufen werden kann.


Nadine ärgert sich über „Neue Nachbarn - hemmungslos und unanständig“ sind sie offenbar. Aber das attraktive Paar übt auch einen großen Reiz auf die Single-Frau aus, die der Versuchung nicht widerstehen kann, Patrick und Silvie von deren Terrasse aus bei ihrem lustvollen Treiben zu beobachten. Prompt wird sie ertappt.

Für Eva arrangiert Josh ein „Blind Date - härter als erwartet“. Schon immer hat ihr Partner ein gutes Gespür gehabt, wer und was ihr gefallen könnte, doch diese Überraschung weckt ungewohnte, ambivalente Gefühle und Begierden in ihr.

Erst seit kurzem ist Nico mit Lilia zusammen. Am 60. Geburtstag ihres Vaters lernt der Neunzehnjährige unverhofft „Die dauergeile Stiefmutter“ näher kennen.

Norman ist Mitglied eines Zirkels, der sich regelmäßig zu hemmungslosen Orgien trifft. Auf ihren Wunsch hin führt er seine Freundin Maren in diesen Kreis ein, damit sie sich der Probe unterziehen kann, bei der sie klaglos erdulden muss, „Vorgeführt und benutzt“ zu werden.

Nachdem sie von ihrem Freund sitzengelassen wurde, gönnt sich Alina einen Urlaub auf Fuerteventura und beschließt, Surfen und vom attraktiven „SurferBoy - Nicht nur die Welle wird geritten“ zu lernen.

„Eine heiße Wette - Je geiler, desto besser“ veranlasst Marie, Stella und Liv, sich auf Sex-Abenteuer einzulassen. Während ihre Freundinnen die Aufgabe schnell erfüllen konnten, mangelt es Liv am geeigneten Kandidaten, denn nicht an jedem Pizza-Lieferanten möchte sie ihre Verführungskünste ausprobieren.

Das Sexleben des Ehepaars ist mit den Jahren eintönig geworden, weshalb sie beschließen, sich einen neuen Kick zu suchen. „Der Reiz des Erwischtwerdens“ lässt sie drei Abenteuer erleben. Bei zweien kommen sie knapp davon, doch beim dritten Mal können sie sich nicht aus der peinlichen Situation herauswinden.

In einem angesagten Tanzclub lernen Alex und Jackie das Paar Björn und Mira kennen. Man ist sich sofort sympathisch und ein „Versauter Vierer“ die Folge.

Ben und Kati verbringen ihren Urlaub in Frankreich und planen „Eine frivole Flussfahrt“ mit Besuch eines FKK-Strands. Im Schlauchboot rudern sie flussabwärts, denn besonders neugierig sind sie auf eine Anlage für Swinger. Zwar finden sie diese nicht, doch sind sie inzwischen so heiß aufeinander, dass sie an Land übereinander herfallen. Plötzlich haben sie einen Beobachter, was sie überhaupt nicht stört, ganz im Gegenteil.

Der Altersunterschied zwischen Carmen und ihrem Mann ist groß und spürbar, denn sein sexueller Hunger kann mit ihrem nicht mehr mithalten. Infolgedessen gönnt er es ihr, dass sie „Heiß auf den PoolBoy“ ist, denn Carmens Abenteuer wecken wiederum seine Libido.

Zu einem bestimmten Datum treffen sich stets vier Frauen und Männer, um „Eine versaute Orgie wie im alten Rom“ zu genießen. Sie nennen sich nach Göttern und Halbgöttern und feiern die Bacchanalien.


Tara Bernado wartet mit mehr oder minder alltäglichen Szenen auf, die den Rahmen für ein erotisches Stelldichein liefern. Manches könnte dem Leser tatsächlich unerwartet und spontan passieren („Neue Nachbarn - hemmungslos und unanständig“, „Die dauergeile Stiefmutter“, „SurferBoy - Nicht nur die Welle wird geritten“). Anderes bedarf der Abstimmung und Vorbereitung („Blind Date - härter als erwartet“, „Der Reiz des Erwischtwerdens“) oder einigen Mut („Eine heiße Wette - Je geiler, desto besser“, „Versauter Vierer“, „Eine frivole Flussfahrt“). Weitere Szenarien scheinen ziemlich unwahrscheinlich, sofern man sich nicht in speziellen Kreisen bewegt, die sich durch Geld und Beziehungen ihre abgeschiedenen Spielwelten schaffen („Vorgeführt und benutzt“, „Heiß auf den PoolBoy“, „Eine versaute Orgie wie im alten Rom“ [wobei die Autorin hätte recherchieren können, wenn sie sich schon dieses Motivs bedient, dass Diana zu den jungfräulichen Göttinnen zählt]).

Die Protagonisten sind jung oder in den besten Jahren, natürlich erfahren und sexhungrig, außerdem wissen sie genau, was sie wollen. Tabus kennen sie nicht, Grenzen sind dazu da, um überschritten zu werden, das Neue lockt. Ängste, dass etwas schiefgehen könnte oder eine feste Beziehung wegen eines frischen Partners zerbricht, sind unbekannt. Die Paare lieben sich, trennen zwischen reinem Sex und Gefühlen, vertrauen einander und sind davon überzeugt, dass etwaige Mitspieler eine Bereicherung und keine Bedrohung für ihre Beziehung darstellen (ausgenommen „Die dauergeile Stiefmutter“, denn in dieser Konstellation binden sich die wenigsten).

Geschildert werden die erotischen Begebenheiten teils von einem neutralen Erzähler oder aus der Perspektive einer weiblichen oder männlichen Figur. Die Wortwahl bleibt dabei auf demselben Niveau, ist sehr deutlich, nicht zu dirty, obschon die Autorin an bestimmten Ausdrücken festhält („Titten“, „Prengel“, „schwanzgesteuert“, „versaut“ und so weiter). Die Leserschaft darf teilnehmen an Spielarten beginnend bei Voyeurismus über Dominanz bis Gangbang und Anal. Die in vielen Augen fragwürdigen und mit Ekelfaktor behafteten Praktiken wie Atemkontrolle und Fäkalien werden ausgelassen.

„Ich will es immer noch unanständig“ dürfte ein Publikum ansprechen, das den Mix aus bodenständigen und traumhaften Erotik-Abenteuern an unterschiedlichen Locations schätzt, abwechslungsreiche Praktiken wünscht, die jedoch nicht zu extrem ausfallen, und keine ausführliche Rahmenhandlung fürs Kopfkino benötigt. Tara Bernado schreibt flüssig und unterhaltsam, direkt, aber nicht zu derb. Wer sich inspirieren lassen möchte, sollte jedoch bedenken, dass Fiktion und Realität zweierlei sind.